Nödl in the Streets of Philadelphia
Kann man in einem Jahr erwachsen werden?
Andreas Nödl scheint das geschafft zu haben. Aus dem schüchternen und schmächtigen Wiener, der es ins Team der Philadelphia Flyers geschafft hat, ist ein mit Muskeln bepackter und mit Selbstbewusstsein ausgestatteter Profi geworden.
Vor Philadelphias erstem Heimspiel der Saison am Mittwoch gegen Vancouver bat der 24-Jährige den KURIER zu einem Hausbesuch.
Nödl wohnt mit seiner Freundin Jena in einem schicken Appartement in Voorhees, einem Ort 30 Kilometer außerhalb von Philadelphia. Das Flyers-Trainingszentrum ist mit seinem BMW in nur wenigen Minuten zu erreichen. An den Wänden hängen der Puck, mit dem er sein erstes NHL-Tor erzielte, der Spielbericht von seinem ersten Einsatz bei den Flyers und ein Mannschaftsfoto. Nödl kann stolz sein: Noch vor sieben Jahren kurvte er mit dem Gitterhelm der Unter-18-Jährigen in Österreichs zweiter Liga herum. Jetzt ist er Stammspieler bei einem der traditionsreichsten Teams der Welt. "Ich denke gerne an den WEV zurück, weil ich auch die Freunde vermisse", sagt Nödl. Bei den Flyers gebe es keine echten Freundschaften. "Das ist eben Business."
Abschalten
Umso glücklicher ist er jetzt mit seiner Jena, die aus Minneapolis kommt, aber wegen ihres Vaters, der ebenfalls für die Flyers arbeitet, nach
Philadelphia kam. "Mit ihr kann ich super abschalten. Wir kochen gemeinsam, gehen shoppen oder mit Hündin Stella spazieren." Das einzige, was zu Hause kein Thema sein darf, ist Eishockey. "Da muss ich Abstand gewinnen. Ich schaue mir auch im Fernsehen nur andere Sportarten an." Also Football, Baseball und Golf. Welche Sportler Nödl schätzt, sieht man an seinen Accessoires: Er trägt eine Kappe von Tiger Woods und das Armband von Lance Armstrong.
Um eine NHL-Saison mit mindestens 82 Spielen zu überstehen, hat Nödl sein Körpergewicht im Sommer auf 90 Kilo auftrainiert. "Ich war immer schon schnell. Jetzt wollte ich auch stärker werden." Seine Rolle bei den Flyers wird noch körperbetonter sein: "Ich spiele in der vierten Linie und viel in Unterzahl." Es taugt Nödl, dass ihm Trainer Peter Laviolette vertraut. "Beim Sieg in Boston hat er mich auch in den letzten Minuten beim Stand von 2:1 eingesetzt. Das sehen die Kollegen. So erarbeitet man sich Respekt."
Fixgehalt
Und er hat sich einen besseren Vertrag verdient. Im Sommer unterschrieb Nödl für zwei Jahre mit der fixen Summe von 845.000 Dollar pro Saison. Selbst wenn er ins Farmteam versetzt werden sollte, bekommt er sein Geld. "Ich bin zufrieden. Ich habe das Geld sicher für zwei Jahre."
Damit kann er auch planen. In Minneapolis hat er sich eine Wohnung gekauft. Nach der Karriere möchte er dort sesshaft werden. "Es ist irrsinnig schön dort."
Doch erst will er mit den Flyers viel erreichen. "Die Chemie ist ungewöhnlich gut. Wir haben super Stürmer, Top-Verteidiger und mit Bryzgalow einen Weltklasse-Goalie." Einer seiner Sturmpartner ist die spielende Legende Jaromir Jagr. Der 39-jährige Tscheche wagte nach drei Jahren in Russland ein Comeback in der
NHL. "Ab und zu geht er am Abend alleine in die Halle und trainiert Schüsse. Da weiß man, warum er so gut ist."
Weniger erfreut ist Nödl, wenn Österreichs Nationalteam zur Sprache kommt. "Ich war bei der WM 2009 dabei, es hat mir gefallen. Aber da stimmt vieles nicht. Es spielen zu viele Legionäre in der österreichischen Liga." Den Vorschlag, er solle doch ans Nationalteam denken, damit er für das Foto ernst schauen kann, schmettert er ab: "Das geht nicht. Dann muss ich weinen."
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