Sport/Wintersport

Marcel Hirschers 600-Kilo-Puzzle

Marcel Hirscher ist vorbereitet: Insgesamt 600 Kilo Gepäck hat der 23-jährige Gesamtweltcupsieger mit nach Amerika gebracht. Darunter 36 Paar Skier, jede Menge Skischuhe, Stöcke und anderes Material, das von seinen zwei Servicemännern abgestimmt wird.

Nur Vater Ferdinand fehlt. Der hat wegen seiner Flugangst auf die Reise nach Beaver Creek verzichtet, wo Hirscher am Samstag erstmals auch im Super-G an den Start gehen wird.

"Ich weiß, das ist ein Riesenaufwand und kostet einen Haufen Geld", sagt Hirscher ob seines Übergepäcks: "Das Ganze ist aber auch sehr professionell." Minutiös hat der Salzburger seine Test- und Trainingsarbeit in Übersee geplant, bei der er vor allem auf die Erfahrungen von Servicemann Edi Unterberger vertraut, der früher schon Hermann Maier zu Erfolgen auf der Raubvogel-Piste verholfen hat.

Der Start im Super-G ist für den Technik-Spezialisten mehr als nur ein Experiment. Schon eher ein erster Schritt in Richtung Allround-Karriere.

Puzzlespiel

Geht es um sein Material ist der Salzburger rastlos. "Das Ganze", sagt Hirscher: "ist ein riesengroßes Puzzlespiel, das man zusammensetzen und bei dem man den Überblick behalten muss. Wir nähern uns der Formel 1 in kleinen Schritten", sagt der Tüftler, der sich in Colorado kaum Freizeit gegönnt hat. Sieben Schnee- und nur zwei Tage Pause standen auf Hirschers Übersee-Programm, dazu zwei Test-Riesentorläufe in Aspen (beim ersten NorAm-Rennen siegte er überlegen).

"Es war anstrengend, aber aufschlussreich", sagt der Weltcupsieger im Riesentorlauf. Nachdem aber auch der Hirscher’sche Tag nur 24 Stunden zählt, hat das verstärkte Speed-Training auch Schattenseiten: "Im Slalom fehlen mir acht Trainingstage, und gerade da drängen viele Junge nach."

Favoritenrolle

Umso größer ist die Bewunderung für Alles-Könner wie Ivica Kostelic (Kro) oder Lindsey Vonn (USA). "Ich ziehe den Hut vor Athleten, die alle Disziplinen fahren", sagt Hirscher.

Und der Doppelsieger von Lake Louise, Aksel Lund Svindal (Nor), zieht selbigen vor dem Super-G-Neuling und erklärte ihn bereits zum Mitfavoriten in der WM-Saison. Über den Frühstart der Rechnerei um den Gesamtweltcup kann Hirscher nur schmunzeln. "Jetzt fängt die ganze Diskussion noch einen Monat früher an, obwohl noch hundert Rennen ausstehen."

Dabei könne gerade im Skisport so viel passieren: "Einmal blöd hingefallen und es ist vorbei", weiß Hirscher. Vor allem auf einer schwierigen Strecke, wie der Birds of Prey. Aber auf die ist Hirscher ja gut vorbereitet.

Noch hat die Rennstrecke im Beaver Creek Resort keinen so klingenden Namen wie etwa die Streif in Kitzbühel. Und trotzdem gehört die fast 1500 Meter lange Abfahrt zum Spektakulärsten, was der Skiwinter zu bieten hat.

Heute (19 Uhr live ORFeins) starten die Ski-Herren in Beaver Creek in den ersten Super-G der Saison, auf der „Raubvogelpiste“, die im Sommer 1997 von Bernhard Russi entworfen wurde, auf der sich die Siegerliste wie das Who’s who des Skisports liest und auf der zahlreiche Geschichten geschrieben wurden.

1999 Im ersten Rennen der Weltmeisterschaft gewinnt der damals 26-jährige Hermann Maier in seiner Paradedisziplin, dem Super-G. Allerdings zeitgleich mit dem Norweger Lasse Kjus. Hans Knaus wird mit einer Hundertstel Rückstand (!) Dritter. Auch in der Abfahrt schlägt der Flachauer zu, Maier gewinnt vor Kjus und Aamodt (Nor). Knauß verfehlt Bronze um zwei Hundertstel. Neben seinen beiden WM-Goldmedaillen gewann Maier fünf Weltcuprennen auf der „Birds of Prey“.

2007 Der Norweger Aksel Lund Svindal stürzt im Training schwer, erleidet Gesichtsverletzungen, eine tiefe Schnittwunde am Gesäß und muss mehrere Wochen im Spital verbringen. Im Jahr darauf gelingt ein Comeback wie aus dem Märchenbuch. Svindal gewinnt Abfahrt und Super-G und im Anschluss daran den Gesamtweltcup.

2009 Carlo Janka (CH) gelingen in Beaver Creek drei Siege in drei Disziplinen (Abfahrt, Riesentorlauf, Kombination) innerhalb von drei Tagen.

2011 Das bisher einzige Damenrennen geht an die Gastgeber: Lindsey Vonn (USA) gewinnt den Super-G.