Sport/Wintersport

Der einzige Wiener im ÖSV

Exot? Ja, irgendwie sieht sich Alexander Herf schon als Exot. "Ich verstehe mich mit meinen Teamkollegen sehr gut und werde auch akzeptiert", sagt der 22-Jährige. "Aber trotzdem werde ich manchmal lächelnd gefragt, wo ich denn eigentlich trainiere. "

Alexander Herf hat geschafft, was vor ihm noch keinem Wiener gelang: Er steht im Kader des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV). Wo sonst vor allem bergverwöhnte Westösterreicher vertreten sind, hat sich der Skicrosser aus der Hauptstadt einen Platz erkämpft. Mit Rang 8 bei der Österreichischen Meisterschaft am Kreischberg vor zwei Jahren gelang ihm die Aufnahme in den Kader.

Heim-Nachteil

Wien ist vieles, aber kein Wintersport-Mekka. Dennoch stand Alexander Herf dank seines skibegeisterten Vaters im Alter von drei Jahren zum ersten Mal auf der Piste. Mit acht wurde er Mitglied im Skiklub UKS-AMS, mit 15 startete er in sein erstes internationales Rennen. Aus dem Hobby wurde schnell ein Projekt für die ganze Familie: Von Jänner bis März fuhren die Herfs jedes Wochenende zu den Rennen: Abfahrt, Super-G, Riesentorlauf und Slalom.

Doch der geografische Nachteil war letztlich zu groß: "Ich habe immer nur in den Ferien trainieren können", sagt Herf. "Die Konkurrenten aus den Skihandelsschulen sind den ganzen Winter auf Skiern gestanden." Vor allem in den Speed-Disziplinen machte sich das Berg-Defizit bemerkbar, der Wechsel zu den Skicrossern war die logische Folge. "Außerdem macht Skicross mehr Spaß – und für die Fans ist’s interessanter."

Selbstkosten

Der Platz im ÖSV-Kader bringt mehr als eine modische Jacke in Türkis. "Ich habe jetzt einen Fixplatz im Europacup, mir wird ein Trainer zur Verfügung gestellt und wir bekommen Teile des Materials günstiger."

Trotzdem: Der Sport kostet Herf pro Jahr etwa 10.000 Euro, rund 4000 davon werden von Sponsor UNIQA abgedeckt. Hoch sind die Anreisekosten, teuer die Quartiere, die nur gezahlt werden, wenn man unter die Top Acht fährt. Ohne den Job als Versicherungskaufmann in der Firma seines Vaters könnte sich der Wiener seinen Sport nicht leisten.

Derzeit macht sich der Einsatz bezahlt, Herf liegt auf Platz 9 im Europacup der Skicrosser. "Mein nächstes Ziel ist, dass ich mich in einem Weltcup-Rennen fürs Finale der Top 32 qualifiziere", sagt er. Dann wäre er auch einmal im TV zu sehen. Doch alles würde er dafür nicht in Kauf nehmen. Trotz des Trainingsnachteils ist ein Umzug nach Tirol kein Thema: "Ich fühle mich als Wiener, und ich bleibe hier.

Die Wintersportler aus dem Flachland

Es muss nicht immer Bruno Banani sein, der Rennrodler aus Tonga. Auch so mancher österreichische Wintersportler geht als Exote durch. Julia Dujmovits, die derzeit beste Snowboarderin Österreichs, stammt nicht etwa aus Tirol, sondern aus dem Burgenland, das nicht gerade für sein Hochgebirge bekannt ist. Die 24-Jährige ist momentan Vierte im Gesamtweltcup, in Telluride (USA) holte sie in dieser Saison ihren zweiten Weltcupsieg. Der dreifache Weltmeister Benjamin Karl übersiedelte mit seinen Snowboards erst vor Kurzem von Wilhelmsburg bei St. Pölten nach Lienz.

Obwohl der Hermannskogel mit seinen 542 Metern der höchste Berg in Wien ist, hat auch die Bundeshauptstadt mehr Wintersportler zu bieten als Skicrosser Herf. Etwa den Skisprung-Klub der Wiener Stadtadler. Zwei Mal pro Woche finden Einheiten in der Halle statt, fürs Sprungtraining muss die Mannschaft rund um Ex-Weltcupspringer Christian Moser aber ins Auto steigen und nach Mürzzuschlag reisen.

Auch Birgit Platzer muss eine Reise auf sich nehmen, bevor sie an ihrem Trainingsort angelangt ist, dem Eiskanal in Innsbruck-Igls. Die 19-jährige Rennrodlerin hat im Österreichischen Rodelverband eine besonderen Status: Sie ist die einzige Athletin, die nicht aus Tirol stammt, sondern aus Nußbach in Oberösterreich. "Das macht mir gar nichts, ich fühle mich nicht ausgeschlossen", sagt sie. Nach dem Schulabschluss im Sommer 2012 ist ein Umzug ins Rodel-Mekka aber nicht ausgeschlossen: "Praktischer wäre es."

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