20 Jahre Herminator: In Nagano begann der Mythos
2 Mal Olympia-Gold, 3 WM-Triumphe, 54 gewonnene Weltcuprennen, 4 Weltcup-Gesamtsiege: Schon die sportliche Bilanz weist Hermann Maier als einen der Größten der alpinen Ski-Historie aus. Zum "Herminator" wurde er aber schon in jenen sechs Tagen im Februar 1998, als er bei Olympia in Nagano erst einen "Jahrhundertsturz" fast unverletzt überstand und kurz darauf Super-G- und Riesentorlauf-Gold holte.
Der 13. Februar 1998 war ein Freitag, der nicht nur bei Skifans längst einen festen Platz in den Erinnerungen hat: Maier, damals 25, geht fast genau ein Jahr nach seinem ersten Weltcupsieg als Topfavorit bei den Winterspielen in Japan an den Start. Der "Kraftmaier" aus Flachau versucht in der Abfahrt in Hakuba an einer der Schlüsselstellen eine wahnwitzige Linie, hebt vom Rückenwind beschleunigt wie eine Rakete ab und fliegt kopfüber an die 30 Meter weit, ehe er mehrere Sicherheitszäune durchschlägt und glücklicherweise im Tiefschnee landet.
"So ärgerlich, bei der Abfahrt scheidet man einfach nicht aus. Da hat man nur ein paar Tore, die sollte man schon erwischen", erzählte Maier jüngst in einer ORF-Dokumentation über seine ersten Gedanken nach dem Sturz. Während die Bilder um die Welt gingen, und den amerikanischen Fotografen später reich machten, wurde Maier trotz Prellungen und Blutergüssen am ganzen Körper drei Tage später Olympiasieger im Super-G, wenig später auch im Riesentorlauf.
Selbst wenn der Ausdruck schon zuvor vereinzelt aufgetaucht war - in Nagano war der "Herminator", der "Unzerstörbare", geboren. Denn Maier hatte, wie er heute zugibt, trotz des bekannten Risikos diese Linie versucht und damals selbst noch in der Luft an einen guten Ausgang geglaubt. So groß war sein fast schon an "Größenwahn" (Maier) grenzendes Selbstbewusstsein gewesen. "So wie bei diesen Olympischen Spielen habe ich mich später nie mehr am Limit bewegt", erinnerte sich Maier. Auch verbal drehte er auf. "Wenn ich jetzt noch Gold g'winn', bin ich unsterblich", gab er direkt nach seiner Super-G-Fahrt zu Protokoll.
Man mag den Spruch als überheblich empfinden, Maier sieht es auch zwei Dekaden später locker: "Als Junger ist das genau das Richtige. Man setzt sich etwas in den Kopf, ist zu der Zeit Sportler und braucht nicht die Weisheit zu erzählen."
Das zweite große Comeback
Vielmehr verfestigte sich der Nimbus der "Maschine Maier" drei Jahre später noch. Bei einem lebensgefährlichen Motorradunfall in seiner Salzburger Heimat verlor er im Sommer 2001 beinahe sein rechtes Bein. Dass er 16 Monate später ausgerechnet in Kitzbühel wieder in einem Super-G siegte, machte ihn endgültig zur faszinierendsten Figur im Skisport und wohl einzigen Skirennläufer der Gegenwart, den man auf der ganzen Welt kennt.
Der Nagano-Sturz und der Motorrad-Unfall, eingebettet in die hollywood-reife Story eines Salzburger Maurers, der es mit eisernem Willen und unkonventionellen Trainingsmethoden trotz ungünstiger Umstände schaffte, zur Lichtgestalt im alpinen Skisport zu werden, das hat den Ruf des Salzburgers begründet. Maier selbst, der von 1998 bis 2001 viermal in Folge Österreichs Sportler des Jahres war, nimmt diesbezüglich aber keine Wertung vor. Wirklich wichtig sei immer nur gewesen, nie liegenzubleiben. Das habe ihn schon als Kind geprägt, so Maier.
Die Kindheit, sinnierte Maier in der aktuellen ORF-Doku, sei ohnehin "die schönste Zeit". Genau deshalb versuche er, seine Familie von der Öffentlichkeit so gut wie möglich abzuschirmen. Insbesondere seine drei Töchter, zwei davon Zwillinge, geboren zwischen 2013 und 2015. "Derweil weiß keiner Bescheid, es soll so bleiben, solange es geht", betonte Maier. "Sie sollen ihr eigenes Leben leben." Seines genieße er seit dem Rücktritt 2009 ("Es hat geheißen, es kommt ein schwarzes Loch. Aber nichts war.") in vollen Zügen - frei vom Druck des Profisports. "Ich kann tun und lassen, was ich will. Und brauche für nichts eine Rechtfertigung."