Sport/Wintersport

0,17 Millimeter, 30 Liter und 3800 Gäste

Elisabeth Görgl hat heuer schon unliebsame Bekanntschaft mit ihm gemacht, Tina Weirather ebenfalls: Andreas Krönner ist der Regelhüter im Damen-Weltcup, was das Material angeht. Fünf Mal hat der Bayer nun schon Läuferinnen disqualifiziert. Bei Görgl war ein Ski um 0,17 Millimeter zu breit, die Liechtensteinerin Weirather trug in einer Abfahrt Unterarmschoner über dem Anzug. „Das verstößt gegen die 30-Liter-Regel“ weiß Krönner, die Schoner müssen unter den Dress. Es geht oft um diese 30-Liter-Regel an diesem Nachmittag im Hotel Les Barmes de l’Ours zu Val d’Isère.

Andreas Krönner testet neue Rennanzüge auf ihre Luftdurchlässigkeit. 30 Liter Luft müssen pro Sekunde pro Quadratmeter Stoff durch die Textilien dringen, je geringer die Luftdurchlässigkeit, desto größer der Vorteil, deswegen die Regel. Die Anzüge werden auf einen 12.000-Euro-Apparat gespannt und durchgepustet, ein Display zeigt den Wert an.

Kein Freibrief

Dieses Prozedere wird an zwei, drei Stellen vorgenommen, wird das Limit nicht unterschritten, gibt’s eine Plombe. Jedoch: „Die berechtigt nur zum Start“, sagt Krönner, und er testet während der Saison auch nach. Bei WM und Olympia läuft seine Maschine sowieso nach den Bewerben, „mindestens bei den Top drei“. Sicher ist sicher.

Gut 300 Euro kostet so ein Anzug, ein bis drei Mal wird er eingesetzt und geht danach an die Europacup-Teams. „Die Italiener setzen in jedem Rennen einen neuen ein“, weiß Krönner, „die Deutschen fahren länger.“

ÖSV-Trainer Karlheinz Pichler hat das O.k. für acht Anzüge bekommen, es folgt US-Coach Alex Hödlmoser mit 15, darunter auch Stücke von Julia Mancuso und Lindsey Vonn. Das Duo hat einen separaten Vertrag, deswegen fallen beide auf, „das Material ist aber dasselbe wie bei den anderen“, sagt Hödlmoser. Generell sind die Anzüge einander ähnlich geworden. „Früher gab es Ausreißer mit 12, 14 Litern, da war auch Stoffdehnen aussichtslos“, erinnert sich Krönner. Nach Schweden (drei Anzüge) ist Slowenien mit acht an der Reihe, und Tina Maze wird zum Thema. Einmal wegen plastifizierter Unterwäsche in der vorletzten Saison – geht nicht, 30-Liter-Regel. Und zum anderen wegen des neuen, dickeren Helms, der wegen Passform und akustischen Eigenschaften Sorgen macht. „Die Hersteller sind verpflichtet, uns die Testprotokolle zu übermitteln“, sagt Krönner, der die Helme nicht selbst testet (weil sie dann kaputt wären), sehr wohl aber auf die entsprechenden Aufkleber achtet.

Der höhere Schutz sei zum Wohl der Athleten: „Nächstes Jahr redet keiner mehr drüber. Das ist wie 2012 mit der Diskussion über die Ski-Radien.“ Andreas Krönner prüft aber auch Skibreite und -länge, Standhöhe, Platte, Radius, er bereitet die Zeremonien vor, plant Zielräume, kümmert sich um Werbebanden an der Strecke und Plätze für Fotografen. Um sechs Uhr früh beginnt sein Tag, er endet gegen halb acht.

Inzwischen ist der letzte der heute 34 Anzüge getestet, 1500 sind es pro Saison. Im April, sagt Krönner, kommt er wieder heim nach Straubing, dann ist sein siebenter Halbjahresvertrag als Verantwortlicher bei den Damen zu Ende. Und dann? Dann wird der gelernte Architekt wieder zum Festwirt: Zum Straubinger Gäubodenfest kommen August für August 1,4 Millionen Besucher, 3800 finden in und vor dem Festzelt der Familie Krönner Platz. Täglich.