Wiener klagt an: "Felix verkauft mein Projekt"
Von Niki Nussbaumer
Der eine sitzt unter der Sonne New Mexikos und wurde in Schallgeschwindigkeit zum Superstar, weil er vom Rande des Weltalls in die Tiefe sprang. Der andere sitzt in einem grauen Bau in Wien-Favoriten – und musste im Fernsehen live miterleben, wie ein anderer seinen Lebenstraum verwirklicht hat.
"Ich gönne dem Felix Baumgartner den Erfolg. Aber das ist mein Projekt", sagt Ivan Trifonov. "Ich habe Lust, ihn zu klagen, aber ich habe nichts Schriftliches in der Hand und auch nicht die finanzielle Power von Red Bull, um das durchzuziehen. Also muss ich zusehen, wie Felix mein Projekt als seines verkauft."
Rekordhalter
Ballonfahren, das ist die große Leidenschaft des 67-jährigen Wieners. Der vierfache Guinness-Rekordhalter überquerte als erster Mensch mit einem Heißluftballon das Mittelmeer, fuhr als erster im Ballon zu Nord- und Südpol und machte die ersten Ballonfahrten über den Kreml, über Jerusalem und die Chinesische Mauer.
Doch ein Traum ließ den gebürtigen Bulgaren jahrelang nicht los: Mit einem 300 Meter hohen Ballon wollte er in die Stratosphäre, in eine Höhe von 50.000 Meter aufsteigen – und sich von dort mit Schallgeschwindigkeit in die Tiefe stürzen.
"Im freien Fall mit Überschall zur Erde", titelte der KURIER im Jänner 2002. Ein Schutzanzug sollte verhindern, dass Trifonov bei dem Sprung verbrennt. "Mission Uranos" nannte er sein abenteuerliches Projekt, an dem er seit 1992 mit russischen Kosmonauten tüftelte.
Doch was ihm fehlte, waren die nötigen Sponsoren-Gelder, insgesamt 6,5 Millionen Euro. "Drei Mal habe ich auch bei Red Bull angefragt, das letzte Mal im Jahr 2002, aber drei Mal bekam ich eine Absage", erzählt Trifonov.
"Liebkind"
Im Jänner 2005 setzte er gezwungenermaßen einen Schlussstrich unter das Projekt und nahm Kontakt zu Felix Baumgartner auf. "Ich habe gewusst, dass er das Liebkind vom Didi Mateschitz ist."
Man traf einander im Hangar 7 in Salzburg ("Nicht einmal die Bahnfahrt hat man mir gezahlt"); Trifonov nahm einen Aktenordner voll mit Unterlagen mit. "Felix war Feuer und Flamme und hat sich sämtliche Berechnungen und Kontaktadressen kopiert. Bedingung war, dass er mich als Berater in sein Team aufnimmt." Schriftlich fixiert wurde das nicht. "Ich habe auf die Ehrlichkeit unter Sportlern vertraut. Das war ein Fehler."
"Du hörst bald von mir", habe Baumgartner am Ende des Gesprächs gesagt. Trifonov hörte nichts mehr von ihm. Ende des Jahres schickte Trifonov Baumgartner eine Weihnachtskarte, mit der Frage, was denn aus dem gemeinsamen Projekt geworden sei. "Da sagte er mir kalt, dass er mich nicht braucht." Aus den Medien erfuhr Trifonov schließlich, dass Baumgartner das Projekt mit einem US-Team umsetzen werde. "Das ist charakterlos."
Ausgeladen
Ursprünglich hätte Trifonov beim Start in Roswell dabei sein sollen. "Ich hatte mir schon ein Visum besorgt. Doch plötzlich hieß es, es gebe zu wenig Platz. Wahrscheinlich hatten sie Angst, dass herauskommt, dass Felix nicht der Urheber des Projektes ist."
"Die Idee eines Absprungs im freien Fall aus der Stratosphäre ist über 50 Jahre alt", heißt es von Sponsor Red Bull. "Im Laufe der Jahre wurden Red Bull und Felix Baumgartner immer wieder Projekte präsentiert, auch von Herrn Trifonov. Das Konzept war aus seiner Sicht nicht überzeugend und wurde nicht weiterverfolgt. "