Australien folgt Neuseeland ins WM-Finale
Von Stefan Sigwarth
Es ist amtlich: Das Finale der achten Rugby-WM bestreiten Neuseeland und Australien. Die All Blacks als Titelverteidiger haben sich in ihrem Semifinale am Samstag nach einem harten Kampf mit 20:18 gegen Südafrika durchgesetzt, die Wallabies besiegten am Sonntag Argentinien mit 29:15.
Damit stehen einander am kommenden Samstag im Londoner Rugby-Palast Twickenham zwei zweifache Weltmeister gegenüber: Australien siegte 1991 (12:6 gegen England) und 1999 (35:12 gegen Frankreich), Neuseeland 1987 (29:9 gegen Frankreich) und 2011 (8:7 gegen Frankreich). Los geht's um 17 Uhr MEZ, Eurosport überträgt live.
Nervöse Argentinier
Argentinien begann übernervös und leistete sich schon nach 70 Sekunden einen kapitalen Schnitzer: Just Kapitän Nicolas Sánchez, vor der Partie drittbester Scorer des Turniers in England und Wales, leistete sich kurz vor der eigenen Malzone einen Fehlpass - Rob Simmons griff zu und legte den ersten Try der Partie. Kicker Bernard Foley, im Viertelfinale gegen Schottland noch mit erheblichen Anlaufschwierigkeiten, ließ sich dieses Mal nicht bitten und setzte die Conversion zwischen die Stangen, 7:0.
Zwar konnte Sánchez mit einem Penalty auf 3:7 für die Pumas verkürzen und damit in der Scorerliste den Abstand zu den Führenden Greig Laidla (Schottland) und Handre Pollard (Südafrika/je 79 Punkte) auf zwei Punkte reduzieren, doch Australien gab weiter den Ton an und kam durch Adam Ashley Cooper in der 10. Minute gleich zum nächsten Try; Foley erhöhte auf 14:3 (11.). Und es wurde nicht besser für die Südamerikaner, die drei Minuten später Juan Imhoff mit Verdacht auf Gehirnerschüttterung austauschen mussten. Den Mann, der im bisherigen Turnierverlauf bereits fünf Tries gelegt hatte.
Wie erwartet war es eine extrem physische Partie am Limit des körperlich Möglichen. Allmählich fanden aber die Argentinier ins Spiel und bekamen die Australier besser in den Griff. In der 24. Minute stellte Sánchez mit einem Penalty auf 6:14 und übernahm auch in der Scorerliste vor den Augen von Fußball-Legende Diego Armando Maradona die Führung (80 Punkte). Der nächste Rückschlag ließ jedoch nicht lange auf sich warten, denn Tomas Lavanini leistete sich ein Tackling ohne Gebrauch der Arme und musste dafür mit einer Gelben Karte für zehn Minuten vom Feld (25.).
Australien suchte den Weg zum nächsten Fünfpunkter und verzichtete darauf, die nächsten Penalties zwischen die Stangen zu setzen - man entschied sich für die Kicks zum Line-out. Die Wallabies taten sich nun aber deutlich schwerer, den Weg durch die Defensive der Pumas zu finden. Bis zur 32. Minute: Nach einem langen Pass brach Cooper an der linken Seitenlinie durch und legte den Try zum 19:6 der Australier, Foley vergab aus spitzem Winkel jedoch die Erhöhung (34.). Besser kickte Nicolas Sánchez zwei Minuten später: Penalty, 9:19. Und kurz vor der Pause hätte Argentiniens Juan Martín Hernández für einen gewaltigen Lichtblick sorgen können, wenn, ja wenn er entweder seinen Weg in Richtung Try-Line der Australier fortgesetzt hätte oder aber Joaquin Tuculet seinen Pass hätte annehmen können. So aber folgten nur zwei Scrums und schließlich der Ballverlust der Pumas und der Pausenpfiff.
Ausgeglichene Angelegenheit
Es ging spannend und ausgeglichen weiter (Ballbesitz: 49:51 Prozent). Auch, weil erneut Foley einen Penalty am Ziel vorbeitrat (42.). Vor allem aber, weil Argentinien die Wallabies im Scrum weiter dominierte und Penalties erzwang. Den dritten auf diese Art erreichten Kick setzte Sánchez zum 12:19 ins Ziel (45.). Bernard Foley stellte nach einem weiteren Regelverstoß der Argentinier den alten Abstand wieder her (48.) - und nun folgte die spielerisch bislang stärkste Phase der Pumas, die ihre Gegner immer wieder zu Fehlern zwangen und Penalties bekamen, die aber zugleich bei ihren Vorstößen zu wenig Unterstützung für die Ballführenden zustande brachten und auch nicht konsequent genug waren.
Ein Penalty wurde zum Line-out nahe der australischen Malzone genutzt, der nächste dann aber doch wieder nur aufs Tor geschossen. Und so gelang Argentinien vorerst nicht mehr als Sánchez' Penalty-Kick zum 15:22 (55.).Und so konnten die Australier eine zwar stressige, aber durchaus entspannte zweite Hälfte spielen. Wenn die Argentinier nach langem Anlauf doch einmal in der Hälfte der Pumas waren, verloren sie auf die eine oder andere Art wieder den Ball, lange Kicks der Australier zwangen die Argentinier dann zum Neustart - bis zum nächsten Ballverlust.
In der 72. Minute war's dann um die Hoffnungen der Pumas geschehen, Cooper durfte nach großartiger läuferischer Vorarbeit von Drew Mitchell seinen dritten Try legen. Foley schaffte die Erhöhung, 29:15, und das sieben Minuten vor dem Ende. Den Argentiniern bleibt zum Trost das Spiel um Bronze am Freitag (21 Uhr MEZ, live Eurosport) gegen Südafrika. Und Nicolas Sánchez hat nun schon 89 Punkte - zehn mehr als sein südafrikanischer Rivale Handre Pollard. Wenn das nicht schon genug Ansporn für eine weitere, eine letzte große Leistung ist...
Argentinien - Australien 15:29 (9:19)
Tries: Keiner bzw. Simmons, Ashley-Cooper (3)
Conversions: Keiner, Foley (3)
Penalties: N. Sánchez (5), Foley