Gall im Pech: "Ich musste dreimal das Rad wechseln"
Felix Gall hat bei der Tour de France auf der monströsen letzten Bergetappe der zweiten Woche mit einem Defekt im Finale Pech gehabt und fiel aus den Top Ten. Der Osttiroler rutschte vor dem Ruhetag vom neunten auf den elften Platz ab. Das Gelbe Trikot gehört weiterhin Jonas Vingegaard, der im Schlussanstieg die nächste Attacke von Tadej Pogacar parierte. Der Tagessieg nach 180 km und fast 4.500 Höhenmeter von Les Gets nach Saint-Gervais ging an den Niederländer Wout Poels.
Vingegaard führt nach 15 von 21 Etappen unverändert zehn Sekunden vor Pogacar. Weiter geht es am Dienstag in Passy mit dem einzigen Einzelzeitfahren. Die 22 km sollten dem in dieser Disziplin eigentlich nicht konkurrenzfähigen Gall aufgrund der Topographie mit zwei Anstiegen entgegenkommen. Die letzten sechs Kilometer führen steil bergauf.
Das tat es auch zum Abschluss der Berg-Trilogie des Wochenendes in den Alpen, Gall ereilte aber in der entscheidenden Phase rund acht Kilometer in einer kurzen Zwischenabfahrt vor dem Ziel den dritten Schaden des Tages an seinem Rad. Durch den Radwechsel wurde der AG2R-Fahrer aufgehalten und kam letztlich zwei Minuten hinter Vingegaard und Pogacar ins Ziel. „Ich habe dreimal das Rad wechseln müssen. Wie ich mich fühle, kann man sich glaube ich vorstellen, mehr will ich jetzt nicht dazu sagen“, lautete der erste Kommentar von Gall. Im Gesamtklassement musste er die Franzosen David Gaudu und Guillaume Martin vorbeilassen. Sein Rückstand auf Martin beträgt allerdings nur 21 Sekunden, Gaudu liegt 32 vor ihm.
Nach rund 50 km der Etappe kam es ausgelöst von einem unachtsamen Zuschauer zu einem Massensturz, der mehrere Helfer von Vingegaard zu Fall gebracht hatte. Der US-Amerikaner Sepp Kuss touchierte den wohl für ein Handyfoto ausgestreckten Arm des Fans und riss etwa 20 weitere Fahrer mit zu Boden. Auf dem Asphalt landeten unter anderem Kuss' Teamkollegen Nathan van Hooydonck und Dylan van Baarle. Auch der im Vorjahr durch einen Sturz schwer verletzte Michael Gogl war involviert.
Anders als am Vortag mit sieben Aufgaben und dem Nichtantreten von Daniel Martinez (Ineos) wegen des Massencrashs am Samstag gab es diesmal keine verletzungsbedingten Ausfälle. Ein weiterer Zwischenfall ohne schwere Folgen betraf 35 km vor dem Ziel Krists Neilands. Der Lette stürzte im Spitzenquartett mit Poel, Wout van Aert und Marc Soler in einer unübersichtlichen Bergabpassage bei der missglückten Trinkflaschenannahme von einem Begleitmotorrad.
In der großen Ausreißergruppe hatte sich davor kurzzeitig auch Marco Haller in Szene gesetzt. Der Kärntner aus dem Bora-Team versuchte es im längsten Anstieg des Tages mit einer Soloattacke, der Auftritt des sprintstarken Klassikerspezialisten war aber nicht von langer Dauer.
Von Erfolg gekrönt war hingegen die Attacke von Poels im steilen Schlussanstieg. Der 35-jährige Niederländer aus dem Bahrain-Rennstall feierte schließlich über zwei Minuten vor Van Aert in überlegener Manier seinen ersten Tour-Etappensieg. Im Kampf um den Tourtitel musste vier Minuten dahinter Vingegaard erst auf dem letzten Kilometer einen Angriff von Pogacar abwehren. „Ich habe es versucht, aber ich konnte sehen, dass Jonas sich supergut fühlt, deshalb habe ich nicht allzu viel Energie verschwendet. Es kommen noch drei entscheidende Tage, aber ich bin sicher, es wird sehr, sehr knapp“, meinte der Slowene. Ein Abstand von zehn Sekunden oder weniger zwischen dem Führungsduo vor der letzten Tour-Woche hatte es zuletzt 2008 gegeben.