Die Doppelmoral des Alexander Winokurow
Von Florian Plavec
719 Dopingproben bei der Tour de France 2014. Alle negativ. Ist der Radsport sauberer geworden? Möglicherweise.
Vorbei scheinen zumindest die Zeiten des organisierten Dopings innerhalb eines Teams zu sein, wie es etwa in der Mannschaft von Lance Armstrong üblich war. Sieben Mal gewann der US-Amerikaner von 1999 bis 2005 das wichtigste Radrennen, sieben Mal war er dabei gedopt. Mittlerweile führen einige Teams einen glaubhaften Kampf gegen Doping und verpflichten nur noch Fahrer und Betreuer, denen noch nie ein Nahverhältnis zu Doping nachgewiesen werden konnte. Das kasachische Team Astana zählt nicht dazu.
Weiterhin zählen im Radsport nur Siege. Wie etwa jener von Vincenzo Nibali, der heuer die Tour de France dominierte wie einst Lance Armstrong. "Ihr könnt sicher sein, dass Nibali ein sauberer Sieger ist", sagte Astana-Teamchef Alexander Winokurow. Doch nun ist das Astana-Team innerhalb weniger Wochen von zwei Dopingfällen betroffen. Nach Valentin Iglinskij (30) wurde auch dessen kasachischer Bruder Maxim (33) positiv auf EPO getestet. Fällt auch die B-Probe positiv aus, müsste Astana als Mitglied der "Bewegung für einen sauberen Radsport" (MPCC) sich selbst suspendieren. Doch am Sonntag beginnt die für Astana so wichtige Almaty-Tour, für die auch Nibali verpflichtet wurde.
Boss im Zwielicht
Teamchef Winokurow tobte, war "enttäuscht und verärgert, dass dieser Fahrer unsere Regeln und die Bedeutung unserer ethischen Grundsätze nicht verstanden hat". Dies sei besonders für einen kasachischen Profi inakzeptabel, der für das Image des Teams und seines Landes stehe.
Inakzeptabel und ein Schaden für den Radsport ist es aber auch, einen Mann wie Winokurow als Teamchef zu haben. 2006 war er mit seinem Team in den Dopingskandal Fuentes verwickelt, 2007 wurde er des Fremd(!)blutdopings überführt, 2010 soll er sich den Sieg bei Lüttich-Bastogne-Lüttich gekauft haben – von seinem Fluchtkollegen um mehr als 100.000 Euro.
Und 2012 durfte er trotz allem Gold im olympischen Straßenrennen von London holen.