Belgier Van Avermaet holt Gold im Rad-Straßenrennen
Von Florian Plavec
Der Fußmarsch vom Beachvolleyballstadion auf der einen Seite der Copacabana bis zum Ziel des Radrennens am anderen Ende dauert eine Stunde. Der Spaziergang hat Ähnlichkeiten mit einem Weltcup-Slalom, nur ist es deutlich wärmer. Links, rechts, links, rechts. Überall Menschen auf der Promenade, die man nicht über den Haufen rennen sollte.
Hier werden die kleinen Geschäfte gemacht im Windschatten der millionenschweren Spiele. Es wird versucht, fast alles an den Touristen zu bringen. T-Shirts und Tücher, Hüte und Hosen, Sonnenbrillen und Selfie-Sticks. Holzarbeiten, Plastikblumen und ein Federschmuck (!), der aus einem sehr Indianerfilm der 50er-Jahre stammen könnte.
Leere Tribünen
Viele Menschen also auf der Copacabana, wenige jedoch auf den Tribünen. 80 Prozent der 7,5 Millionen Eintrittskarten der Spiele seien schon verkauft worden, sagte Mario Andrada. Andrada ist offizieller Sprecher der Veranstalter, inoffiziell aber der Münchhausen der Olympischen Spiele (Er war es auch, der Rio als "sicherste Stadt der Welt" bezeichnet hatte, Anm.).
Während vor vier Jahren in London fast alle Bewerbe ausverkauft waren, schaut es in Rio trauriger aus. 240.000 Tickets wurden schon an bedürftige Kinder verschenkt (erzählt zumindest Andrada), die Tribünen am ersten Tag waren spärlich besucht.
2012 verfolgten noch mehr als eine Million Fans das Rad-Straßenrennen in London. In Rio fanden sich nur ein paar Hundert im Zielbereich ein – und einige Tausend Gratiszuschauer standen an der Strecke.
Viele Stürze
Dabei hätte es auf dem selektiven, hügeligen Kurs ein durchaus attraktives Radrennen zu sehen gegeben. Schon nach 20 der 237,5 Kilometern löste sich eine Gruppe mit fünf Fahrern, die mehr als zwei Stunden das Renngeschehen prägte. Dramatisch und mit vielen Stürzen verlief das Finale. Prominentestes Opfer war der Australier Richie Porte, der mit einer Schulterverletzung aufgaben musste. Dann kam eine Dreiergruppe in die letzte Abfahrt, es war die letzte Möglichkeit, sich abzusetzen. Alle nahmen volles Risiko – und Nibali (ITA) und Henao (COL) stürzten. Dazwischen rauschte Rafal Majka durch. Der Weg zu Gold schien für den Polen frei.
Doch dann kamen auf den letzten Kilometern von hinten noch Greg van Avermaet und Jakob Fuglsang herangeflogen ...
Der endschnelle Belgier, der sein Geld beim Team BMC verdient, setzte sich vor dem Dänen Fuglsang durch. Für den 31-jährigen Klassikerspezialisten Van Avermaet war es der größte Erfolg seiner Karriere.
Für Majka blieb Bronze.
Georg Preidler erreichte das Ziel als 44., Stefan Denifl schaffte es wie viele andere auch nicht in die Wertung.
(aus Rio de Janeiro)
Straßenrennen Herren (237,5 km):
1. Greg van Avermaet (BEL) 6:10:05 Stunden
2. Jakob Fuglsang (DEN), gleiche Zeit
3. Rafal Majka (POL) 0:05 Minuten
4. Julian Alaphilippe (FRA) 0:22
5. Joaquim Rodriguez (ESP)
6. Fabio Aru (ITA)
7. Louis Meintjes (RSA), alle gleiche Zeit
8. Andrej Zeiz (KAZ) 0:25
9. Tanel Kangert (ESP) 1:47
10. Rui Costa (POR) 2:29
Weiter:
12. Christopher Froome (GBR) 2:58
44. Georg Preidler (AUT) 19:37
63 Fahrer klassiert. Aufgegeben u.a. Stefan Denifl (AUT)