Obskure Dopingaffäre um US-Sprintstar Gatlin
Von Florian Plavec
Justin Gatlin hatte es nicht leicht in der Vergangenheit. Während die anderen Helden der Laufbahn verehrt wurden, schlug dem 35-jährigen US-Amerikaner der Hass entgegen. Pfiffe erntete er bei den Olympischen Spielen in Rio, als er Silber über die 100 Meter gewann; gnadenlos ausgebuht wurde er, als er bei der WM 2017 in London Usain Bolt entthronte und Gold über die wichtigste Sprintstrecke holte.
Unfair? Vielleicht. Verständlich? Absolut!
Denn Justin Gatlin ist einer der größten Doping-Sünder der Leichtathletik-Geschichte. Als Junior wurde er 2001 positiv auf Amphetamine getestet – ein Jahr Sperre; 2006 auf Testosteron – als Wiederholungstäter hätte ihm eine lebenslange Sperre gedroht, doch Gatlin einigte sich mit dem Weltverband, trat als Kronzeuge auf und durfte 2010 wieder starten.
Und nun steht der Sprinter abermals im Mittelpunkt einer Doping-Affäre. Im Trainingscamp in Florida soll sein Team auf Undercover-Reporter des britischen Telegraph hereingefallen sein.
Fiktiver Schauspieler
Diese gaben sich als Teil einer Filmproduktion aus, die für das Training eines Schauspielers Dopingmittel benötigen würden. Und jetzt wird es brisant: Gatlin-Trainer Dennis Mitchell und der österreichische Manager Robert Wagner (er betreute einst auch 800-Meter-Läuferin Stephanie Graf) sollen den Reportern Testosteron und Wachstumshormone angeboten haben. Im Raum stand eine Summe von 250.000 US-Dollar (rund 212.000 Euro).
Der 57-jährige Oberösterreicher Wagner habe erklärt, die Anwendung von Dopingmitteln sei eine "alltägliche Situation" und sein "Fachgebiet". Er könne auf verlässliche Ärzte in Österreich zurückgreifen und die Mittel in die USA bringen.
Die Anti-Doping-Agentur der USA (USADA) und der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) haben Ermittlungen aufgenommen. IAAF-Präsident Sebastian Coe bezeichnete die Vorwürfe als "äußerst schwerwiegend".
Gatlin schrieb auf Instagram, er sei "geschockt und überrascht", dass sein Trainer mit den Anschuldigungen zu tun habe, und er feuerte Mitchell. Dieser ist übrigens ein ehemaliger Leichtathlet – und saß ab 1998 eine zweijährige Doping-Sperre ab.