Prost vs. Senna: Ein Skandal für die Geschichtsbücher
Von Florian Plavec
Lewis Hamilton und Nico Rosberg waren vier Jahre alt. Doch die Karambolage zwischen Alain Prost und Ayrton Senna vor 25 Jahren in Suzuka ist ihnen ein Begriff. Immer wieder werden die Mercedes-Titelkandidaten vor dem Grand Prix von Japan (Sonntag, 8 Uhr MESZ) auf Parallelen zu ihrem Duell angesprochen. Erbittert ist heuer der Kampf um die WM-Krone. Doch bösartig war er vor 25 Jahren – und endete mit einem Skandal.
Oktober 1989. Vor dem 15. WM-Lauf haben die beiden McLaren-Stars je fünf Rennen gewonnen. In der WM-Wertung liegt Prost mit 76 Punkten vor Senna mit 61. Senna muss in Japan gewinnen, um im letzten Rennen in Australien noch Titelchancen zu haben. Im Qualifying schlägt Senna zu, distanziert Prost um 1,7 Sekunden. Doch der "Professor" hat sein Auto bereits für das Rennen abgestimmt.
Schlagabtausch
Tatsächlich setzt sich der Franzose im Rennen an die Spitze. Nach den Boxenstopps ist es aber Senna, der mit den neuen Reifen besser zurechtkommt. Ab der 40. Runde klebt Senna am Heck von Prost, in der 45. attackiert er. Vor der Schikane setzt er sich innen neben Prost, der blickt rechts in den Rückspiegel und tut, was er in den Tagen zuvor schon angedeutet hat: Er fährt Senna ins Auto.
Die Fahrzeuge sind verkeilt, die Piloten gestikulieren, die Streckenposten lösen die Autos. Prost steigt aus. Senna bringt den Motor wieder zum Laufen, durch den Notausgang der Schikane fährt er zurück auf die Strecke, in der Box lässt er den zerstörten Frontflügel wechseln. Entfesselt fährt er weiter, er überholt den Führenden Alessandro Nannini, entfesselt jubelt er, als er als Erster die Zielflagge sieht.
Doch abseits des Rennens hat Alain Prost bereits alle Hebel in Bewegung gesetzt. Er interveniert bei der Rennleitung. Jean-Marie Balestre, der französische Chef der Weltmotorsportorganisation, verkündet die Entscheidung persönlich und ausschließlich auf Französisch: "Ayrton Senna wird disqualifiziert, da er die Schikane ausgelassen und damit die Strecke abgekürzt hat." Alain Prost ist Weltmeister 1989.
Bei der Pressekonferenz beklagt sich Senna, "wie ein Krimineller" behandelt zu werden. Prost bestreitet jede Absicht, den Unfall herbeigeführt zu haben. "Das war meine Kurve", sagt er.
McLaren-Boss Ron Dennis zieht vor das Sportgericht in Paris und klagt wegen entgangener Sponsor- und Siegesprämien. Doch die Entscheidung hält. Balestre bezeichnet Sennas Aktion als "dumm" und verhängt eine Geldstrafe von 100.000 Dollar.
Prost verlässt McLaren im Streit und wechselt zu Ferrari. Ein Jahr später kommt es wieder zum Duell. Wieder in Suzuka. Senna hat die Demütigung nicht vergessen: Er schießt Prost in der ersten Kurve aus dem Rennen.
Und ist Weltmeister.
Punkte: 214 bzw. 238
Qualifying-Duell: 6 bzw. 8
Das Duell der Titelkandidaten überstrahlt alles andere. Mit einem Doppelsieg in Japan könnte das überlegene Mercedes-Team bereits den Weltmeistertitel in der Teamwertung fixieren. Nach einer Pechserie in der ersten Saisonhälfte hat das Pendel Richtung Hamilton ausgeschlagen: Mit Siegen in den vergangenen zwei Rennen übernahm er die WM-Führung.
„Suzuka ist seit 1980 im Rennkalender, und seitdem haben alle Großen des Sports dort gewonnen. Ich werde alles geben, um meinen Namen dieser Liste hinzuzufügen“, sagte er. Rosberg kontert: „Die Chance auf ein großartiges Ergebnis ist gegeben.“ Hamilton gilt als der schnellere Fahrer, Rosberg als detailverliebter Arbeiter. Nach seinem Out in Singapur folgte ein Kurzurlaub in Thailand, um die Akkus wieder aufzuladen. Die Devise für Suzuka ist klar: „Volle Attacke!“
Mercedes-Sportchef Toto Wolff verspricht: „Beide werden auf einer der besten Fahrerstrecken unseres Sports in Suzuka versuchen, den ersten Vorteil für sich zu verbuchen.“ Gefährdet ist das Rennen allerdings vom Taifun „Phanfone“. Starker Regen soll am Wochenende Japan erreichen.
Punkte: 124 bzw. 181
Qualifying-Duell: 6 bzw. 8
Nach vier Weltmeistertiteln in Folge muss sich Sebastian Vettel nicht nur mit einem Auto herumschlagen, mit dem er gar nicht zurechtkommt: Nun ist da auch sein Teamkollege Daniel Ricciardo, der in der WM und in den Qualifying-Duellen vor ihm liegt. Doch Vettel treibt das Team beherzt voran, Red Bull wurde (nicht nur) dadurch eindeutig zur Nummer 2 in der Formel 1.
Punkte: 45 bzw. 133
Qualifying-Duell: 2 bzw. 12
Viel wurde spekuliert darüber, dass Ferrari-Neuzugang Kimi Räikkönen Fernando Alonso Feuer unterm Hintern machen könnte. Doch das Gegenteil war der Fall. Räikkönen enttäuschte, Alonso zeigte Woche für Woche, dass er der beste Pilot im ganzen Fahrerfeld ist. Erstmals in seiner Karriere muss sich der chancenlose Finne als Nummer-2-Fahrer zufriedengeben.
Punkte: 72 bzw. 39
Qualifying-Duell: 6 bzw. 8
Dem 21-jährigen Dänen Kevin Magnussen gelang ein Traumstart in der Formel 1. In seinem ersten Rennen wurde er Zweiter. Es blieb die bisher beste Platzierung. Der McLaren ist zu langsam, um ernsthaft vorne mitzufahren. Im Qualifying-Duell liegt Jenson Button (34) zurück, im Rennen konnte der besonnene Engländer seine Routine ausspielen.
Punkte: 65 bzw. 122
Qualifying-Duell: 5 bzw. 9
Seit 2013 fährt Valtteri Bottas (25) für Williams in der Formel 1, nach einer starken Saison 2014 fehlt ihm nur noch ein Sieg in seiner Sammlung. Bottas behält im Teamduell gegen den erfahrenen Felipe Massa klar die Oberhand und ist derzeit auch der beste Finne im Fahrerfeld – besser als Kimi Räikkönen. Felipe Massa (33) fährt brav. Zu brav.