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Paydriver in der Formel 1: Ein Cockpit, bitte!

Der Name Pastor Maldonado ist zum Synonym für eines der zahlreichen Leiden der modernen Formel 1 geworden - den Paydriver. Keine Frage, Maldonado hat sich mit seinem sensationellen Sieg beim Spanien-Grand-Prix 2012 in die Siegerlisten der Formel 1 eingetragen - wirklich berühmt geworden ist er aber vor allem mit seiner Neigung zu hochriskanten Manövern, die dem Venezolaner erschreckend oft misslangen und in sein eigenes Ausscheiden oder den Ausfall eines Kontrahenten (in seltenen Fällen beides) mündeten.

Maldonados Ruf als Bruchpilot entstand nicht erst in der Formel 1. Auf Youtube gibt es ganze Compilations seiner Kollisionen in diversen Nachwuchsserien zu sehen. Und obwohl er mit seinen Arbeitsgeräten in der Regel nicht sehr sorgsam umgeht, brachte Maldonado es bis in die Königsklasse des Motorsports und kam auf insgesamt 95 Rennteilnahmen. Zu verdanken hatte er das vor allem der kräftigen finanziellen Unterstützung aus der Heimat: Der staatliche venezolanische Ölkonzern PDVSA finanzierte Maldonado jährlich mit bis zu 45 Millionen Euro - ein stattlicher Betrag für Teams wie Williams, die jeden Cent dringend brauchen können.

In bester Gesellschaft

45 Millionen Euro - eine astronomische Summe, selbst für die so teure und exklusive Formel 1. Wer aber glaubt, es sei eine Neuheit, dass sich Fahrer um teures Geld ein Cockpit leisten, irrt. Selbst eine heimische Motorsportlegende konnte ihre überaus erfolgreiche Formel-1-Karriere nur dank eines finanzkräftigen Sponsors in Angriff nehmen.

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Als sich Niki Lauda 1972 um ein Cockpit beim britischen Formel-1-Team March bewarb, musste der spätere dreifache Weltmeister eine für damalige Verhältnisse horrende Summe mitbringen: Erst ein Kredit der Raiffeisenbank in Höhe von zwei Millionen Schilling brachte Lauda den ersehnten Einstieg in die Formel 1. Dass er später zu einem der begehrtesten, weil besten Piloten seiner Zeit aufstieg, ist ein Beweis, dass Lauda nicht in das übliche Schema des Paydrivers passt.

Ähnliches gilt auch für eine Legende der Neuzeit: Rekordweltmeister Michael Schumacher kam 1991 etwas überraschend zu einem sehr teuren, weil sehr kurzen Debüt. Der Jordan-Stammfahrer Bertrand Gachot saß nach einem handfesten Streit mit einem Taxifahrer kurz vor dem Belgien-Grand-Prix in Untersuchungshaft, Teamchef Eddie Jordan suchte fieberhaft nach einem brauchbaren Ersatz. Der damals 22-jährige Schumacher wurde von seinem Manager bei Jordan angepriesen, aber den Weg ins Cockpit ebnete eine Zahlung von 150.000 britischen Pfund.

Die Zahlung kam von Mercedes-Benz, wo Schumacher dem Jugendkader angehörte. Bitter: Schumacher kam im Rennen nur 700 Meter weit, dann gab sein Jordan den Geist auf. Es folgte der Wechsel zu Benetton, der Rest ist Geschichte: Ähnlich wie Lauda wurde auch Schumacher in der Folge zu einem der besten Piloten seiner Zeit.

Einstieg mit Geld, Verbleib mit Talent

An der Formel-1-Saison 2016 nehmen 22 Fahrer teil. Der Paydriver-Anteil ist ähnlich hoch wie in den letzten Jahren. Das neu formierte Renault-Werksteam etwa verlässt sich auf deren zwei: Sowohl der Däne Kevin Magnussen als auch sein britischer Teamkollege Jolyon Palmer bringen ein paar Millionen Euro mit. Ähnlich die Situation bei Sauber: Felipe Nasr wird mit rund 15 Millionen von der Banco do Brasil gefördert, das Sponsoren-Konsortium hinter seinem schwedischen Teamkollegen Marcus Ericsson liefert einen ähnlichen Betrag ab.

Bei Force India bringt Sergio Perez Unterstützung aus seiner mexikanischen Heimat mit: Der Mobilfunkkonzern Telmex unterstützt den Mexikaner schon seit seinem Formel-1-Einstieg. Dasselbe gilt für seinen Landsmann Esteban Gutierrez, der 2016 bei Haas F1 ins Lenkrad greifen wird. Und auch beim Nachzügler Manor F1 sitzt mit dem Indonesier Rio Haryanto ein Pilot im Cockpit, bei dem weniger die bisherigen (eher mageren) motorsportlichen Leistungen als vielmehr gut 10 Millionen Euro finanzielle Unterstützung den Ausschlag gegeben haben dürften. Dessen Teamkollege Pascal Wehrlein bringt zwar kein Bargeld mit, dafür aber die Unterstützung von Mercedes, das Manor seit heuer mit Motoren versorgt. Der Preis für die Triebwerke dürfte im Austausch für ein Stammcockpit für Jungstar Wehrlein wohl etwas niedriger ausgefallen sein.

Geld allein ist aber bestenfalls ein Türöffner, eine Garantie für eine lange Karriere allerdings nicht. Pastor Maldonado ist das jüngste Beispiel: Das Talent des Venezolaners war von seinem Debüt bis zu seinem Abschied umstritten, Glanzlichter und Totalaussetzer wechselten einander ab. Als die finanzielle Unterstützung durch die PDVSA wegen der politischen Lage in Venezuela einbrach, war die Formel-1-Laufbahn des als "Crashtor" bezeichneten Maldonado vorbei.

Der schon erwähnte Sergio Perez ist eines der aktuellen Gegenbeispiele: Die Karriere des Mexikaners begann zwar vor allem dank einer Finanzspritze von Telmex, aber seine Leistungen ebneten ihm rasch den Weg ins Cockpit von McLaren. Dort konnte er sich nach einer durchwachsenen Saison zwar nicht behaupten, aber sein Talent ist dennoch unbestritten.

Paydriver gehören dazu

Auch wenn der Begriff in jüngster Vergangenheit zu einem Schimpfwort geworden ist: Paydriver gehören zur Formel 1. Der fünffache Weltmeister Juan Manuel Fangio erhielt sein Cockpit in den 1950er Jahren nur dank der Unterstützung durch die argentinische Regierung. Niki Lauda, Michael Schumacher und Fernando Alonso haben zusammen zwölf Weltmeistertitel vorzuweisen - und alle drei mussten bei ihrem Formel-1-Einstieg Geld mitbringen.

Die Formel 1 ist ein teurer Sport, und bis auf die wenigen finanziell unabhängigen Spitzenteams - wie Ferrari oder Mercedes - müssen alle Rennställe auf ihr Budget achten. Kein Wunder also, dass Piloten zum Zug kommen, die diesem Budget die eine oder andere Million zuführen können. Das ist keine neue Entwicklung, sondern eben ein Aspekt einer der teuersten Sportarten der Welt.