Sport/Motorsport

Das Wunder auf zwei Rädern

Wenn ein Motorradfahrer mit dem Ellenbogen über den Asphalt schleift, ist das ein schlechtes Zeichen. Zumeist schlittert das Motorrad funkensprühend nebenher und die Aktion endet schmerzhaft. Bei Marc Márquez hingegen gehört der Ellenbogen am Asphalt zum ganz normalen Wahnsinn. Der 20-Jährige mit dem radikalen Fahrstil ist der Shootingstar der Motorrad-Szene.

Superlative

Außergewöhnlich! Phänomenal! Unglaublich! Márquez wird mit Superlativen überhäuft. Privat ist der dunkeläugige Spanier ein braver Bub, Typ Schwiegersohn. Auf der 250-PS-Rennmaschine allerdings wird er zum Tier. Beim Rennen in Texas vor zwei Wochen ließ er die großen Stars wie Valentino Rossi und Jorge Lorenzo weit hinter sich. Mit eindrucksvoller Leichtigkeit hängte er seinen Honda-Teamkollegen Dani Pedrosa ab und holte in seinem zweiten MotoGP-Rennen den ersten Sieg. Mit 20 Jahren und 63 Tagen ist Márquez der jüngste Grand-Prix-Sieger in der Königsklasse des Motorrad-Sports.

Jahrelang stand die Nummer 46 für die Referenzklasse: Valentino Rossi. Der Italiener ist neunfacher Weltmeister, Superstar, Publikumsliebling. 1,9 Millionen Fans folgen ihm auf Twitter. Doch die Zukunft könnte der Nummer 93 gehören. Experten vergleichen Márquez bereits mit dem italienischen Motorrad-Helden. Márquez scheint noch talentierter zu sein als Rossi, er war bei seinem ersten Sieg noch reifer, seine Fahrzeugbeherrschung ist jener von Rossi ebenbürtig. Márquez könnte die Motorradszene über Jahre beherrschen. Parallelen werden gezogen mit Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher und Golf-Superstar Tiger Woods.

Senkrechtstarter

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Auf der Karriereleiter nimmt der Katalane drei bis vier Sprossen auf einmal. Mit sechs Jahren fährt er Motocross, mit 15 nimmt ihn KTM unter Vertrag, er steigt in die 125er-Straßen-WM ein. In seiner zweiten Saison fährt er auf das Podest, in der dritten Saison 2010 holt er den WM-Titel. Márquez steigt in die Moto2-Klasse auf, gewinnt 2011 sieben von 15 Rennen, im Jahr darauf neun von 17. Als Weltmeister wechselt er in die Königsklasse MotoGP – und stellt seitdem die Welt der besten Motorradfahrer auf den Kopf. Sogar Rossi, mittlerweile 34, verneigte sich in Texas vor Márquez, wohl wissend, dass der Jungstar in seine Fußstapfen treten könnte und sagte: „Marc ist im ersten MotoGP-Rennen die schnellste Runde gefahren, genauso wie ich damals. Aber ich bin gestürzt, das bedeutet, dass er besser ist als ich.“

In Márquez’ Heimat ist die Begeisterung groß. Mundo Deportivo schrieb: „Der Spanier ist schon eine Legende. Dabei ist er noch ein Kind“, und die Sportzeitung As titelte: „Entschlossenheit, Abgebrühtheit und Erfahrung eines alten Hasen“.

Das Lob für Márquez ist groß, punktegleich mit Jorge Lorenzo führt er nach zwei Rennen die WM-Wertung an. Doch auch der Druck, der auf dem Jungstar lastet, nimmt zu. Besonders am Sonntag, bei seinem Heimrennen (14 Uhr/live Sport 1). In Jerez hat Márquez noch in keiner Rennklasse gewonnen. Sollte sich das ändern, würde er die nächsten Rekorde brechen: Er wäre der jüngste Sieger in zwei Rennen in Serie und der jüngste Fahrer, der drei Mal in Folge auf das Podest fährt.

In Spanien könnte der 20-Jährige ausgiebig feiern, auch seinen Sieg von Texas. Denn die Party in Austin verlief gedämpft. In den Bars wurde für Márquez kein Alkohol ausgeschenkt. Zu jung.


Zur Person

Márquez wurde am 17. 02. ’93 in Cervera (Spanien) geboren. 2008 stieg er in die Motorrad-WM ein. 2010 holte er den WM-Titel in der 125er-Klasse, 2012 den Moto2-Titel.

In Katar siegte Jorge Lorenzo, in Austin gewann Márquez. Am Sonntag (14 Uhr) wird in Jerez gefahren.

WM-Stand