Hamilton setzt Siegesserie fort
Von Florian Plavec
So siegessicher hat man schon lange kein Formel-1-Team mehr gesehen: Sekunden vor dem Start zum Großen Preis von Spanien wurde in der Chefetage noch gescherzt. In der Box stand der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Dieter Zetsche, und lachte gemeinsam mit Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Worüber, ist nicht übermittelt. Vielleicht sogar über die hilflose Konkurrenz?
Mercedes gewann auch das fünfte Saisonrennen, zum vierten Mal war Lewis Hamilton vor Nico Rosberg im Ziel. Die WM-Führung musste der Deutsche an seinen Teamkollegen abgeben.
Red-Bull-Mann Daniel Ricciardo erreichte das Maximum, das ein Formel-1-Pilot derzeit erreichen kann, wenn er nicht in einem Mercedes sitzt: Er wurde Dritter.
Dass die beiden haushoch überlegenen Silberpfeile vorne ein einsames Rennen fahren würden, war klar. Dass der Auftritt der Mercedes-Fahrer nicht zum faden Schaulauf an der Spitze wurde, war dem Team selbst zu verdanken. Denn dieses hatte seine Fahrer mit unterschiedlichen Strategien ins Rennen geschickt: Rosberg war gegen Ende des Rennens auf den schnelleren Reifen unterwegs und kam seinem Teamkollegen immer näher – zum Überholen reichte es letztlich nicht.
Ehrfürchtig
Mit nunmehr 26 Grand-Prix-Siegen hat Hamilton Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda (25 Siege) hinter sich gelassen. Nach dem Rennen gab er sich bescheiden und dankbar: „Acht Jahre habe ich versucht, hier in Spanien zu gewinnen. Jetzt ist es endlich gelungen. Ich habe noch nie ein so überlegenes Auto gehabt und kann mich glücklich schätzen, Teil dieses Teams zu sein. Derzeit genieße ich jeden Schritt auf meinem Weg.“ Das Duell mit seinem Teamkollegen sei im Finish heiß geworden: „Nico war gegen Ende schneller.“
Geschlagen
Rosberg versuchte gar nicht, Freude über Rang zwei zu heucheln. „Ich habe das Rennen im Qualifying und am Start verloren. Und hätte es eine Runde länger gedauert, hätte ich vielleicht noch überholen können“, sagte der Deutsche, dem in der WM nun drei Punkte auf Hamilton fehlen. „Ich merke, dass ich extrem nah dran bin. Wenn ich das Quäntchen finde, dann drehe ich das Ding wieder um.“ Am liebsten schon in zwei Wochen bei seinem Heim- und Lieblingsrennen in Monaco, das er im Vorjahr gewinnen konnte.
Deklassiert
Red-Bull-Mann Daniel Ricciardo hingegen freute sich ehrlich über seinen ersten Formel-1-Pokal, den er auch behalten darf. Bei seinem Heimrennen zu Beginn der Saison war der 24-jährige Australier nach Platz zwei disqualifiziert worden. „Wir haben gewusst, dass nicht mehr als der dritte Platz möglich sein wird.“ Dass Red Bull zumindest in Barcelona die Besten vom Rest der Welt waren, unterstrich Sebastian Vettel, der von Rang 15 auf Platz vier fahren konnte.
Für die 91.000 Fans endete das Wochenende mit der befürchteten Enttäuschung. Der Lokalmatador im Ferrari, Fernando Alonso, kam über Rang sechs nicht hinaus.
Endstand | |||||
1. | Lewis Hamilton | GBR | Mercedes | 1:30,388 | 2 * |
2. | Nico Rosberg | GER | Mercedes | + 0,7 | 2 |
3. | Daniel Ricciardo | AUS | Red Bull | 45,4 | 2 |
4. | Sebastian Vettel | GER | Red Bull | 2 | |
5. | Valtteri Bottas | FIN | Williams | 2 | |
6. | Fernando Alonso | ESP | Ferrari | 2 | |
7. | Kimi Räikkönen | FIN | Ferrari | 2 | |
8. | Romain Grosjean | FRA | Lotus | 2 | |
9. | Sergio Perez | MEX | Force India | 2 | |
10. | Nico Hülkenberg | GER | Force India | 2 |
Mit dem 26. Grand-Prix-Sieg seiner Formel-1-Karriere hat Lewis Hamilton unter anderem seinen eigenen Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda übertroffen. Der 29-jährige Engländer liegt in der ewigen Bestenliste nun unmittelbar vor Lauda und dem Schotten Jim Clark auf dem alleinigen achten Platz.
Auch der britische Rekord von Nigel Mansell (31 GP-Triumphe) ist für Hamilton in Reichweite. Von den aktiven Piloten haben nur Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel (39) und Ferrari-Star Fernando Alonso (32) mehr Siege als der neue WM-Leader auf dem Konto. Für Mercedes war es der neunte Doppelsieg der F1-Historie, der vierte in Serie.
GP-Siege | ||
1. | Michael Schumacher (GER) | 91 GP-Siege |
2. | Alain Prost (FRA) | 51 |
3. | Ayrton Senna (BRA) | 41 |
4. | Sebastian Vettel (GER) | 39 * |
5. | Fernando Alonso (ESP) | 32 * |
6. | Nigel Mansell (GBR) | 31 |
7. | Jackie Stewart (GBR) | 27 |
8. | Lewis Hamilton (GBR) | 26 * |
9. | Niki Lauda (AUT) | 25 |
. | Jim Clark (GBR) | 25 |
10. | Juan Manuel Fangio (ARG) | 24 |
Sir Jackie Stewart gewann 27 Formel-1-Rennen und drei Mal die Weltmeisterschaft (1969, 1971, 1973). Noch immer ist der 74-jährige Schotte mittendrin im schnellsten Kreisverkehr der Welt und gern gesehener Gast im Fahrerlager. Mit dem KURIER sprach er über ...
... die Dominanz von Mercedes "Die Leute erzählen hier ständig, dass es so eine Überlegenheit eines Teams noch nie gegeben habe. Aber das ist doch Blödsinn. Teams, die alles dominieren, gab es in der Formel 1 immer schon. Im letzten Jahr war Red Bull genauso stark. Wie Ferrari zu Schumachers Zeiten dominiert hat, war auch gewaltig. Oder ich erinnere an die 80er-Jahre, in denen McLaren das gesamte Feld überrundet hat. Da drüben stehen übrigens die damaligen Fahrer – die beiden jungen Buben Niki Lauda und Alain Prost."
... die Titelfavoriten "Zweifellos holt Mercedes den Titel. Bei den Teams und bei den Fahrern. Ob Hamilton oder Rosberg Weltmeister wird? Beide sind extrem schnell. Hamilton hat bewiesen, dass er Weltmeister werden kann. Aber auch Rosberg hat alles, was man haben muss, um den WM-Titel zu holen."
... seine Befürchtung "Ich hoffe, dass sich die beiden noch lange ein Duell liefern. Sollte sich einer absetzen, könnte der Rest der Saison ziemlich fad werden. Denn Konkurrenz sehe ich keine."
... die Kritik an den heuer sehr leisen Motoren "Ein bisschen von der Faszination ist verloren gegangen. Andererseits hat diese neue Generation von Motoren noch immer eine unglaubliche Leistung und verbraucht viel weniger Treibstoff als im Vorjahr. Auch die Formel 1 muss an die Umwelt denken, deshalb ist das ein starkes Statement."