Red-Bull-Doppelsieg mit bitterem Beigeschmack
Da standen sie also, die drei schnellsten Männer des Formel-1-Rennens in Malaysia: verschwitzt, abgekämpft und zerknirscht. So schnell sie zuvor die 56 Runden in der tropischen Hitze von Sepang absolviert hatten, so schnell wollten sie auch wieder runter vom Siegespodest.
In Feierstimmung war keiner der drei. Weder Sebastian Vettel, der mit seinem 27. Grand-Prix-Erfolg die WM-Führung übernahm; noch Mark Webber, der den 13. Doppelsieg von Red Bull perfekt machte; noch Lewis Hamilton, der im zweiten Rennen seinen ersten Podestplatz für Mercedes einfuhr.
„Großer Fehler“
„Ich habe einen großen Fehler gemacht“, sagte Vettel. Solche Sätze hört man von Siegern selten. Was war geschehen? Im finalen Drittel des Rennens lagen die beiden Red-Bull-Piloten souverän in Führung.
„Ich habe das Rennen kontrolliert“, sagte der bis dahin führende Webber. Die Teamleitung forderte den Australier daher auf, in den Schongang überzugehen. Er drosselte die Motoren-Leistung und achtete auf die sensiblen Reifen. „Multi 21“ hieß der interne Code für beide Fahrer – das Auto mit der Nummer zwei (Webber) soll vor der Nummer eins (Vettel) die Zielflagge queren.
Webbers Sieg schien ungefährdet, nur seinen Teamkollegen hatte er nicht auf der Rechnung: In Runde 46 griff Vettel an. Links, rechts, dann wurde es eng an der Boxenmauer und Webber steckte zurück. „Seb hat am Schluss seine eigene Entscheidung getroffen. Das macht er immer so“, sagte der Australier.
2010 waren die beiden in der Türkei in ein ähnliches Manöver verwickelt gewesen. Vettel bezahlte damals das Risiko mit dem Ausfall und gelobte Besserung. „Sie werden auch heuer nicht miteinander Weihnachten feiern“, beschrieb Teamchef Christian Horner das Verhältnis seiner Fahrer zueinander. Doch auch er gestand: „Sebastian hat sein Interesse über das des Teams gestellt.“
Bis zum dritten Saisonrennen in China muss der Rennstall wohl mehr Energie in das Teamgefüge stecken als in die Boliden. „Ich bin jetzt das schwarze Schaf“, gab Vettel zu.
„Wir müssen reden“
Gesprächsbedarf besteht auch bei Mercedes, wo die starke Performance ebenfalls von einer Stallorder getrübt wurde. Auf dem Weg zu Platz drei schien Lewis Hamilton der Treibstoff auszugehen, weshalb er in den Spritsparmodus schaltete. Zuvor hatte der Engländer mit der Anfahrt auf seine alte McLaren-Box bereits für die Einlage des Tages gesorgt.
Mercedes-Kollege Nico Rosberg hätte gegen Ende mühelos vorbeiziehen können, wurde aber von Teamchef Ross Brawn eingebremst. „Wir müssen reden, ob diese Strategie jetzt immer so angewandt wird“, sagte Niki Lauda. Kritisch bleibt, dass der Aufsichtsratsvorsitzende von Mercedes die Kritik öffentlich tätigte – in seiner Funktion als TV-Experte.
Endstand nach 56 Runden: | ||||
1. | Sebastian Vettel | GER | Red Bull | 1:38:56,681 |
2. | Mark Webber | AUS | Red Bull | + 4,298 |
3. | Lewis Hamilton | GBR | Mercedes | 12,181 |
4. | Nico Rosberg | GER | Mercedes | 12,640 |
5. | Felipe Massa | BRA | Ferrari | 25,648 |
6. | Romain Grosjean | FRA | Lotus | 35,564 |
7. | Kimi Räikkönen | FIN | Lotus | 48,479 |
8. | Nico Hülkenberg | GER | Sauber | 53,044 |
9. | Sergio Perez | MEX | McLaren | 1:12,357 |
10. | Jean-Eric Vergne | FRA | Toro Rosso | 1:27,124 |
11. | Valterri Bottas | FIN | Williams | 1:28,610 |
12. | Esteban Gutierrez | MEX | Sauber | eine Runde |
13. | Jules Bianchi | FRA | Marussia | eine Runde |
14. | Charles Pic | FRA | Caterham | eine Runde |
15. | Giedo van der Garde | NED | Caterham | eine Runde |
16. | Max Chilton | GBR | Marussia | zwei Runden |
17. | Jenson Button | GBR | McLaren | drei Runden |
18. | Daniel Ricciardo | AUS | Toro Rosso | fünf Runden |
Out: Fernando Alonso ( ESP/Ferrari), Paul di Resta (GBR/Force India), Adrian Sutil (Force India), Pastor Maldonado (VEN/Williams)Schnellste Runde: Sergio Perez (1:39,199)
Sebastian Vettel hat sich nach seinem umstritten Sieg in Malaysia bei der Pressekonferenz beim australischen Red-Bull-Teamkollegen Mark Webber entschuldigt. "Ich habe einen großen Fehler gemacht. Ich hätte meine Position halten müssen. Ich will bei der Wahrheit bleiben und mich bei Mark entschuldigen", sagte der nun 27-fache Grand-Prix-Sieger.
Vettel hatte im Rennen in Sepang einen "Waffenstillstand" bedeutenden Code ins Cockpit gefunkt bekommen, Webber kurz vor Schluss aber trotzdem mit einem gefährlichen Manöver überholt. "Ich hätte die Teamanordnung nicht ignorieren dürfen, hätte mich besser benehmen müssen", gab Vettel zu. "Wenn es etwas zu sagen gibt, dann sprechen wir intern darüber. Wir haben genug Zeit dafür. Ich bin jetzt das schwarze Schaf. Ich kann mich nur bei Mark entschuldigen."
Das Manöver sei natürlich mit Absicht geschehen. "Aber ich wollte die Strategie nicht ignorieren. Man hat eine gewisse Verantwortung für das Team und die Leute, die das ganze Jahr in der Fabrik arbeiten", ergänzte der Deutsche.
Reue
Dass das ohnehin angespannte Verhältnis zu Webber nun nicht besser geworden ist, war Vettel bewusst. "Wir haben schon schwierige Situationen in der Vergangenheit gehabt. Wir sind nicht die besten Freunde, aber es ist schwer, mit irgendjemandem im Fahrerlager befreundet zu sein. Ich respektiere Mark als Fahrer. Wir haben in der Vergangenheit gut zusammengearbeitet. Ich bin nicht stolz auf das, was ich getan habe. Wenn ich nochmals in dieser Situation wäre, würde ich es anders machen. Aber ich kann es jetzt nicht mehr ändern", sagte Vettel in der Pressekonferenz.
"Mist gebaut"
Er habe aber die Strategie nicht mit Absicht ignoriert, beteuerte der 25-Jährige. "Ich wusste erst nicht, dass ich einen Fehler gemacht habe. Erst als ich zurück an die Box gekommen war, vom Team gehört und ein paar kurze Worte mit Mark gewechselt hatte, wusste ich: Ich habe Mist gebaut."
Die Freude über den Sieg fiel daher zunächst auch nicht überschäumend aus. "Es tut mir nicht leid, dass ich gewonnen habe. Aber Mark ist auch ein starkes Rennen gefahren. Er hätte gewinnen sollen", erklärte Vettel .
Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel hat am Sonntag in Sepang mit seinem 27. Grand-Prix-Sieg den dreifachen Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart eingeholt. Nur fünf Fahrer haben in der Geschichte der Königsklasse mehr Rennen gewonnen als der 25-jährige Deutsche, der heuer seinen vierten Titel in Serie holen will.
Die Fahrer mit den meisten GP-Siegen: | |||
1. | Michael Schumacher | GER | 91 (1991-2012) |
2. | Alain Prost | FRA | 51 (1980-1993) |
3. | Ayrton Senna | BRA | 41 (1984-1994) |
4. | Nigel Mansell | GBR | 31 (1980-1995) |
5. | Fernando Alonso | ESP | * 30 (2001- ) |
6. | Jackie Stewart | GBR | 27 (1965-1973) |
. | Sebastian Vettel | GER | * 27 (2007- ) |
8. | Niki Lauda | AUT | 25 (1971-1985) |
. | Jim Clark | GBR | 25 (1960-1968) |
10. | Juan Manuel Fangio | ARG | 24 (1950-1958) |
11. | Nelson Piquet | BRA | 23 (1978-1991) |
12. | Damon Hill | GBR | 22 (1992-1999) |
13. | Lewis Hamilton | GBR | * 21 (2007- ) |
14. | Mika Häkkinen | FIN | 20 (1991-2001) |
. | Kimi Räikkönen | FIN | * 20 (2001- ) |
* = noch aktiv
„Mark hätte gewinnen sollen. Ich bin jetzt das schwarze Schaf.“
Sebastian Vettel
„Sebastian hat sein Interesse über das des Teams gestellt.“
Christian Horner, Red Bull
„Seb hat seine eigene Entscheidung getroffen. Das macht er immer so.“
Mark Webber
„Wenn ich ehrlich bin, sollte Nico an meiner Stelle stehen.“
Lewis Hamilton
„Wäre was passiert, wären wir die Depperten gewesen.“
Toto Wolff, Mercedes
„Ich habe es akzeptiert, aber nicht eingesehen. Merkt euch das!“
Nico Rosberg