"Ein Siegertyp schlägt über Nacht zu"
Von Florian Plavec
Es war eine eindrucksvolle Vorstellung. Gerhard Berger startete von der Poleposition in den Grand Prix von Deutschland, er fuhr im Rennen die schnellste Runde und gewann mit seinem Benetton souverän. Es war der 27. Juli 1997 – und der Letzte von Bergers zehn Siegen in der Formel 1.
KURIER: Sie haben in Hockenheim vor 15 Jahren gewonnen. Es war der bisher letzte Sieg eines Österreichers in der Formel 1. Welche Erinnerungen haben Sie daran?
Gerhard Berger: Das war sicher einer meiner schönsten Siege, wenn nicht sogar der schönste überhaupt. Weil er sehr emotionell war durch den Tod meines Vaters in der Woche vorher. Außerdem war ich vorher körperlich nicht fit, ich bin praktisch direkt aus dem Krankenhaus gekommen.
Die Erinnerungen sind also noch so präsent?
Ja. Aber ich krieg’ fast einen Schüttelfrost, wenn ich daran denke, dass das schon wieder 15 Jahre her ist. Wenn ich jetzt schnell hätte raten müssen, ich hätte gesagt: maximal zehn Jahre.
Sie haben in Hockenheim zwei Mal gewonnen. War das Ihre Lieblingsstrecke?
In Hockenheim waren immer viele Zuschauer aus Österreich, das ist immer ein Extrazehntel wert. Ich habe auch im Jahr davor geführt und dann in der letzten Runde einen Motorschaden gehabt.
Was hat sich in den 15 Jahren verändert?
Gar nichts hat sich verändert. Ob jetzt der Flügel ein bisserl anders ausschaut, oder ob die Traktionskontrolle weg ist, oder ob die Reifen ein bisserl weicher oder härter sind ... Es geht immer um das Gleiche: um Hightech, um enorme fahrerische Leistungen, um Fahrzeugbeherrschung und schlussendlich geht es um Sport, Killerinstinkt und um den Sieg. Das Spiel ist in all den Jahren das Gleiche geblieben, nur ist es etwas sicherer geworden.
Ist die Formel 1 nicht eine Spur professioneller oder ernster geworden?
Nein, glaube ich nicht. Sie ist anders geworden, weil wir heute die Zeit der Elektronik erleben, die eine andere Arbeitsweise erfordert. Aber das Wesentliche ist gleich geblieben: das Auto abstimmen, mit dem Ingenieur gut kommunizieren und dann die Leistung im Grenzbereich bringen.
Aber gerade heuer liegen die Teams extrem eng beieinander. Hat der Fahrer derzeit eine größere Bedeutung?
Das kann schon sein. Die Reifen spielen in dieser Saison eine sehr große Rolle, und es liegt am Können des Fahrers, diese Rolle richtig einschätzen zu können.
Wie sehr sind Sie der Formel 1 noch verbunden?
Ich bin ein Fan, der vor dem Fernseher sitzt und gerne zuschaut. Vielleicht zwei Mal im Jahr bin ich noch bei Rennen.
Wer wird Weltmeister?
Ich würde nach wie vor mein Geld auf Vettel setzen. Weil unterm Strich der Red Bull das beste Auto ist. Aber das Gute an dieser Saison ist, dass man wirklich nicht genau sagen kann, wer die Benchmark ist.
Wird es wieder einen Formel-1-Sieger aus Österreich geben? Wo ist der Nachwuchs? Gibt es einen Pool an Fahrern?
Die kommen in der Formel 1 immer ganz schnell. Das kommt, und dann sitzt’s. Ein Siegertyp schlägt über Nacht zu. Namen, die über einen längeren Zeitraum im Nachwuchsbereich herumschwirren, schaffen es nicht.
Wird genug getan für den Nachwuchs? Oder muss man überhaupt etwas tun?
Ich glaube schon, dass es ein Angebot für junge Rennfahrer gibt, etwa von Red Bull. Da denke ich nicht nur an finanzielle Unterstützung, sondern eher an Möglichkeiten. Aber man muss zuerst auf sich aufmerksam machen, bevor Red Bull zugreift. Und das liegt im Geschick eines jeden Fahrers.
Aber es liegt doch auch an dessen Umfeld. An den finanziellen Möglichkeiten seiner Familie.
Nein. Das beste Beispiel dafür, dass diese These nicht stimmt, ist Sebastian Vettel. Sein Vater, der Tischler war, hat auf dem Küchentisch zu Hause das Kart zusammengeschraubt, und der Bursche ist zum Rennen gegangen und hat die Meisterschaften alle gewonnen. Die haben überhaupt kein Geld gehabt – nur viel Einsatz. Und alle Väter die behaupten, dass man zuvor die Millionen braucht, damit man auf sich aufmerksam macht, haben nicht recht.
Kann es wieder ein Rennen in Österreich geben?
Der Red-Bull-Ring ist in Red-Bull-Hand. Und Red Bull hat enorme Möglichkeiten. Deshalb würde ich es nicht ausschließen. Aber momentan ist es natürlich nicht auf der Agenda.
Was machen Sie derzeit? Wie würden Sie ihren Beruf bezeichnen?
Pensionist (lacht). Ich lebe in Monaco und habe da mein Büro. In Österreich habe ich meinen Logistik- und Fahrzeugtechnik-Betrieb, den ich noch begleite. Dort sind etwa 400 Leute beschäftigt. Zusätzlich mache ich noch die FIA-Geschichte mit dem Nachwuchssport. Aber das rennt nebenbei. Und dann gibt’s die Zeit, die ich für mich reserviert habe. Für Motorradfahren und Skifahren in Österreich. Das gönne ich mir einfach.
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