Sport

Alleskönner suchen ihren Meister

Die medaillenlosen Olympischen Spiele in London 2012 brachten aus österreichischer Sicht einige Überraschungen: Für eine der wenigen positiven sorgte Thomas Daniel mit seinem sechsten Platz im Modernen Fünfkampf. "Für mich persönlich war es gar nicht so unerwartet wie für viele andere", sagt der 29-jährige Salzburger zwei Jahre danach.

In einem kleinen Lehrerzimmer der Militärakademie in Wiener Neustadt hat er aus Mangel an Alternativen auf einem roten Gymnastikball Platz genommen. "Passt schon", sagt er. Der Athlet wirkt entspannt. Nur fünf Stunden Training stehen heute auf dem Programm, als Nächstes Fechten. Es ist ein lockerer Tag vor dem großen Saisonabschluss: der WM in Warschau, die für Daniel am Donnerstag beginnt. Das Finale der besten 36 Athleten findet am Samstag statt.

"Eine Top-10-Platzierung ist auf keinen Fall aus der Luft gegriffen", sagt der Heeressportler, der sich in den vergangenen Wochen intensiv auf die Titelkämpfe in Polen vorbereitet hat. Zuletzt wurde in Paris trainiert, davor stand das Höhentrainingslager in Colorado Springs (USA) auf dem Plan.

Olympia-Tradition

Seit hundert Jahren ist der Moderne Fünfkampf olympisch. In den Disziplinen Degenfechten, Schwimmen (200 Meter Kraul), Springreiten auf einem Pferd, das zugelost wird, und Combined (Querfeldein-Lauf und Pistolenschießen) werden die Sieger ermittelt. Alle Bewerbe finden an einem Tag statt. "In jeder Disziplin kann so viel passieren, das macht auch den Reiz aus", sagt Daniel. Der abschließende Kombi-Bewerb, der vom Ablauf her an Biathlon erinnert, ist ihm am liebsten, "weil man da viele Plätze gutmachen kann".

Die Schlüsseldisziplin findet allerdings gleich zu Beginn statt: das Fechten. Jeder gegen jeden lautet hier das Motto, ein einziger Treffer entscheidet. "Schwimmen und Laufen muss jeder können, deshalb trennt sich die Gruppe beim Fechten", erklärt Daniel, der sich vor der EM im Juli (Rang 6) im ungarischen Olympia-Zentrum speziell auf die Degen-Duelle vorbereite – auch aus Mangel an geeigneten Sparringpartnern zu Hause. "Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zum ungarischen Nationalteam", sagt Daniel. "Wenn ich will, kann ich jederzeit mittrainieren." Bei den Nachbarn habe der Fünfkampf einen größeren Stellenwert, bei der EM in Szekesfehervar sei "gefühlt die ganze Stadt" zuschauen gewesen.

Zwei Jahre sind vergangen, seit Thomas Daniel in London nur 22 Sekunden auf Bronze fehlten. Das nächste große Karriereziel stand damit bereits fest – die Olympischen Spiele in Brasilien 2016: "Seit London habe ich Rio im Hinterkopf."