Lostag für den ungeliebten Rad-Boss
Von Stefan Sigwarth
42 Menschen entscheiden am Freitag über die Zukunft des Radsports. Geht es weiter wie bisher, mit dem Iren Pat McQuaid an der Spitze des Weltverbandes UCI, der seinem Vorgänger Hein Verbruggen in Sachen Umstrittenheit um nichts nachsteht? Oder gelingt es den 42 Wahlmännern der Nationalverbände, sich des 64-Jährigen zu entledigen und damit womöglich die Weichen für eine bessere Zukunft des Speichensports zu stellen?
Pat McQuaid war 2005 der Favorit von Verbruggen, und er hat sich im Laufe seiner acht Jahre im Amt zum „Problembären“ entwickelt:
Fehler im Umgang mit der Affäre Armstrong schließt er aus. „Ich glaube nicht, dass wir Fehler gemacht haben. Es gab auch keine Nachlässigkeiten gegenüber bestimmten Fahrern. Das Doping-System war damals einfach schwach.“
Er wollte nicht wahrhaben, dass Alberto Contador mit einer positiven Dopingprobe erwischt wurde und ließ das Verfahren wider alle Vorschriften zunächst im Verborgenen laufen.
Er ließ die französischen Dopingfahnder erst ab der Tour de France 2008 eigenmächtig arbeiten – und warf sie danach wieder raus, nachdem sie gleich acht Fahrer als Betrüger enttarnt hatten.
Und er legte sich mit allen an, die er als Gegner erkannt zu haben glaubte. Ob Welt-Anti-Doping-Agentur, ob Kritiker wie der Amerikaner Greg LeMond, ob Tour-de-France-Veranstalter ASO.
Ansichtssache
Pat McQuaid sieht sich selbst als Reformer des Radsports, unter seiner Ägide wurden die biologischen Pässe eingeführt (die Kritiker freilich auch als Hilfsmittel für besseres Doping betrachten).
Seine Kritiker sehen in ihm jedoch die personifizierte Intransparenz, die innerhalb der UCI herrsche. „Pat McQuaids Handlungsweisen haben Parallelen zu jenen von Armstrong: Sie bestehen aus Schikanieren, Bedrohen und Einschüchtern“, sagte Jaimie Fuller. Der Chef eines australischen Sportartikelkonzerns gehört zu den Initiatoren der Bewegung „Change Cycling Now“, die sich für die Abwahl des Iren einsetzt.
Doch vielleicht waren die ganzen Mühen umsonst, und es wird nicht abgestimmt: Weder sein irischer Heimatverband noch Swiss Cycling (McQuaid wohnt in der Schweiz) haben den 64-Jährigen als Kandidaten vorgeschlagen – und nun hofft der Ire, dass ihn Marokko und Thailand nominieren. Ob das aber überhaupt rechtmäßig ist, darüber muss erst noch abgestimmt werden.