Ivona Dadic: "Ich habe keine echten Schwächen"
Von Florian Plavec
Am Montag kehrte Ivona Dadic von der Hallen-Europameisterschaft heim. Im Gepäck hatte die 23-jährige Fünfkämpferin eine Silbermedaille. Am Dienstag stieg sie wieder ins Training ein. Ende Mai wird sie beim Mehrkampf-Meeting in Götzis starten, ehe im August der Saisonhöhepunkt folgt: der Siebenkampf bei der Weltmeisterschaft in London.
KURIER: Sie haben die erste Medaille für Österreich bei einer Hallen-EM seit 2005 geholt. War Ihnen das bewusst?Ivona Dadic: Nein. Das habe ich erst im Nachhinein erfahren. Eigentlich unglaublich.
Sie haben in fünf Disziplinen vier persönliche Bestleistungen aufgestellt. Wie waren diese Steigerungen möglich?
Ich war genau am Tag X in Höchstform, ich hätte keinen Tag mehr oder weniger Training gebraucht. Mein Trainer hat die Vorbereitung mit den Belastungen perfekt gesteuert. Einige Wettkämpfe der Hallensaison habe ich direkt aus dem Training bestritten, weil ich gewusst habe, dass nur die EM zählt. Und mental bin ich stark. Wenn es darauf ankommt, geht es fast immer.
Sie sind erst 23 Jahre alt. Kann man davon ausgehen, dass das Beste erst kommt?
Das beste Alter für den Siebenkampf ist so zwischen 26 und 28 Jahren. Da geht schon noch etwas.
Wo sind die Limits? Wie kann man sie verschieben?
Ich habe keine echten Schwächen. Und das Gute ist, dass ich in allen sieben Disziplinen noch großes Potenzial sehe. Wenn ich verletzungsfrei weitertrainieren kann, ist noch viel möglich. Ich muss mich auf das konzentrieren, was ich kann: trainieren und konsequent arbeiten. Mit den Punkten, die ich in Belgrad gemacht habe, ist man international immer unter den Top drei. Aber es kann natürlich nicht immer so perfekt laufen.
Kann man noch härter oder mehr trainieren?
24 Stunden pro Tag kann ich nicht trainieren. Aber wir haben im Training noch nicht alles ausgereizt, da ist noch viel Luft nach oben. Denn wegen meiner Verletzungen habe ich in den vergangenen zwei Jahren einige Sachen nicht machen können. Wenn ich gesund bleibe, ist noch viel möglich.
Wie viele Stunden trainieren Sie pro Woche?
30 bis 35 Stunden. Nicht dazugezählt die vielen Termine beim Physiotherapeuten, Masseur oder Arzt.
Momentan sehr, sehr gut. Aber jetzt wird wieder eine schwierige Zeit kommen. Ein Aufbautraining tut immer weh, da muss man müde sein. Sonst wird man im Sommer keine gute Leistung bringen.
Das ist Teil des Jobs?
Genau, das nimmt man in Kauf. Die, die da oben sind ... Die, die ganz vorne an der Spitze sein wollen ... In der Vorbereitungszeit geht es keiner von denen gut.
Zu denen "da oben" zählen Sie auch schon.
Auf der Welt gibt es im Moment nur eine, die besser ist. Nafissatou Thiam aus Belgien. Die hat in Belgrad gewonnen (und auch bei Olympia in Rio Gold geholt; Anm.).
Sie sind Heeressportlerin. Wie geht es Ihnen finanziell?
Reich bin ich nicht. Aber eine EM-Medaille hilft sehr bei der Suche nach Sponsoren. Ein fünfter Platz wäre sportlich gesehen auch gut gewesen, aber das interessiert niemand. Mich unterstützt Nike, die Sporthilfe und das Sportland Niederösterreich. Der Heeressport gibt mir Sicherheit.
Am Mittwoch ist internationaler Frauentag. Braucht es den?
Es ist gut, dass es ihn gibt. Aber ich persönlich brauche solche Tage nicht. Ich habe auch gar nicht gewusst, dass der am Mittwoch ist. Ich weiß nur, dass ich am Mittwoch in St. Pölten einen kleinen Empfang habe.
Frauen dürfen erst seit 1984 einen olympischen Marathon laufen. Ist die Leichtathletik noch immer eine Männerwelt?
Nein, überhaupt nicht. Mein Sport geht in Österreich medial zwar unter, aber Männerwelt ist das keine. Es geht in der Leichtathletik nicht um Männer oder Frauen, es geht nur um Leistung.