Sport/Fußball

Fußballfieber im Flüchtlingsland Jordanien

Am Mittwoch werden die letzten beiden der 32 WM-Startplätze vergeben. Schon vor einer Woche standen die ersten zwei Hinspiele auf dem Programm, und die Sieger sind eine Woche später die letzten, die das Quartier in Brasilien buchen dürfen. Der Grund für die lange Pause zwischen den Spielen sind die großen Entfernungen: Neuseeland trat in Mexiko an, Uruguay machte die Reise nach Jordanien.

Die Lateinamerikaner sind klar im Vorteil. Mexiko geht in Wellington in das Spiel gegen Neuseeland (19 Uhr Ortszeit, 7 Uhr MEZ) mit einem 5:1-Vorsprung aus dem Hinspiel. Und Uruguay hat das Hinspiel in Amman gegen Jordanien mit 5:0 gewonnen. Dennoch wurden binnen kürzester Zeit 45.000 Tickets für das Rückspiel verkauft.

Mitternachtsshow

Mittwoch um 21 Uhr (Mitternacht nach MEZ) geht in Montevideo für Jordanien ein langer Weg zu Ende, der am Ende doch nicht nach Brasilien geführt hat. Am 23. Juli 2011 starteten sie mit einem 9:0 gegen Nepal ins Rennen, das sie am 20. November 2013 mit der ersten WM-Teilnahme in der Geschichte des Landes beenden wollten. Doch nur noch ein Wunder kann nach dem 0:5 im Hinspiel gegen Uruguay den WM-Traum der Jordanier retten. Aber schon, dass die jordanische Nationalmannschaft so weit gekommen ist, ist eine Überraschung. Bisher war der größte Erfolg der „Nashama“, wie die Nationalmannschaft genannt wird, das Erreichen des Viertelfinales beim Asien-Cup.
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Es war der Iraker Adnan Hamad, der als Teamchef das Team auf Platz drei in der Asien-Gruppe geführt hatte. Damit war es möglich, im Duell mit Usbekistan jenen Platz zu ergattern, der einen Showdown um ein WM-Ticket gegen den Fünften aus Südamerika ermöglichte. Hamad wurde aber im Juni durch Hossan Hassan ersetzt. Der 169-fache ägyptische Internationale coachte (zusammen mit seinem Zwillingsbruder Ibrahim) die Mannschaft in den beiden Entscheidungsspielen gegen Usbekistan. 1:1 ging die Partie in Amman aus, in Taschkent lag Jordanien schon 0:1 hinten und schien aus dem Rennen. Doch Saeed Al Murjan glich aus, ein Elferschießen musste entscheiden.
Beim 2:2 im Elferschießen riss die Satellitenverbindung ab, die jordanischen Fans in der Heimat waren verzweifelt. „Kein TV, das Handynetz brach zusammen. Es war ein Chaos“, erzählte ein Fan. Die erfuhren vom Aufstieg Minuten nachdem sich die Spieler in den Armen gelegen waren. Die Fans strömten auf die Straßen Ammans und feierten den Erfolg mit Feuerwerk und Freudenschüssen. „Wenn in Jordanien ein Feuerwerk nach einem Fußballspiel zu hören ist, geht es normalerweise um Barcelona oder Real Madrid“, erklärte ein Anhänger nach dem Spiel. Endlich habe die Nation die Möglichkeit, einen „wirklich jordanischen“ Erfolg zu feiern.

„Es gibt viele Fans von Real Madrid und Barça in Jordanien, vor allem unter den Jugendlichen“, erklärt Nasser Al-Khelaifi, der Präsident von Paris Saint-Germain sowie Direktor von Al Jazeera Sport ist. Sein Sender zeigt hauptsächlich internationalen Sport und überträgt die Spiele der spanischen und französischen Liga.

Der Konflikt zwischen ethnischen Palästinensern und Beduinen im Land mit 6,3 Millionen Einwohnern spiegelt sich in der jordanischen Fußballliga wider: Das Derby zwischen Al Faisaly und Al Wihdat – die Klubs beherrschen die Meisterschaft – wird immer wieder von Unruhen überschattet. Zuletzt wurden 2010 während des Derbys Flaschen und Steine geworfen, die Folge waren 150 Verletzte.

Ethnische Konflikte

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Al Faisaly ist der Klub der Jordanier, Al Wihdat ist ein vor den Toren Ammans gelegenes palästinensisches Flüchtlingslager, das 1950 eingerichtet wurde und dessen Fußballklub 1975 in die höchste jordanische Liga aufgestiegen ist. Selbst im fernen Gazastreifen wurde gejubelt, als die Mannschaft 1980 erstmals jordanischer Meister wurde. 1986 wurde der Klub sogar verboten. Die beiden Klubs stellen das Gros der Teamspieler, der gemeinsame Erfolg verbindet.

Aber auch der Verbandschef sieht Fußball als Instrument der Politik. In Taschkent jubelte nach dem 9:8 im Elferschießen Prinz Ali Bin Hussein, der 37-Jährige ist seit 14 Jahren Verbandschef Jordaniens und seit zwei Jahren auch FIFA-Vizepräsident und enger Vertrauter von FIFA-Boss Blatter.

Jordanien ist voll von syrischen Flüchtlingen. Das Lager Zaatari ist binnen eines Jahres zur fünftgrößten Stadt Jordaniens geworden. Etwa eine Autostunde nördlich der Hauptstadt Amman leben dort geschätzte 150.000 Syrer, die vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat geflüchtet sind. Auf einen Antrag des jordanischen Verbandes hatte die FIFA beschlossen, 200.000 US-Dollar zu spenden, um syrischen Flüchtlingen in Jordanien zu helfen. Des Weiteren spendete die FIFA 15.000 T-Shirts, die an Flüchtlinge im ganzen Land verteilt wurden. Unter anderem auch im Flüchtlingslager von Zaatari, das im Juli eine von FIFA-Boss Joseph Blatter angeführte Delegation besuchte.