Stöger: Der Glücksfaktor
Fußball ist zwar im Grunde kein Glücksspiel, dennoch brauchen selbst die besten Mannschaften Europas in wichtigen Spielphasen Fortuna an ihrer Seite, wie die letzten Auftritte von Deutschland und Spanien gezeigt haben.
Im jeweils dritten Gruppenspiel ging es auch noch für die aussichtsreichsten Kandidaten auf den Turniersieg um den Aufstieg ins Viertelfinale. Und mit ein wenig Pech oder einem schlechten Spielverlauf hätten sie durchaus – für alle überraschend – die Heimreise antreten können. Beide hatten in den entscheidenden Momenten das Glück des Tüchtigen, vielleicht auch des Routinierten.
Deutschland schwankte nach dem Ausgleich der Dänen kurz, wirkte in der Abwehr nicht immer souverän. Nach dem Foul von Badstuber an Bendtner hätte es sogar Elfmeter für die Dänen geben müssen. Ein Glück, dass der Schiedsrichter diese Meinung nicht teilte. Freilich kann man argumentativ dagegenhalten, dass die Deutschen bis zu diesem Zeitpunkt schon drei Großchancen verjuxt hatten. Dennoch hätte sich die Partie noch in die andere Richtung drehen können.
Ebenso für die Spanier, die gegen aggressive Kroaten zwar wie zu erwarten dominant und überlegen agierten, dennoch aber im Spiel nach vorne ihre Probleme hatten und meistens die Angriffe nicht zu Ende spielen konnten. Das späte 1:0 war für den Titelverteidiger eine Erlösung.
Denn die Kroaten hatten mit wenigen, vielleicht zu wenigen Offensivaktionen Möglichkeiten vorgefunden, das Spiel gegen Spanien für sich zu entscheiden. Auch in diesem Fall schlüpften Torhüter Iker Casillas oder der Unparteiische Wolfgang Stark für die Spanier in die Fortuna-Rolle.
Damit kein falscher Eindruck versteht, beide Nationen haben sich den Aufstieg absolut verdient, weil beide sehr viel Aufwand betreiben, um ihre Spiele positiv zu gestalten.
Was Österreich mit Deutschland und Spanien im konkreten Fall gemeinsam hat?
Selbst Weltklasse-Teams sind bei all ihrer Qualität und Überlegenheit nicht vor bösen Überraschungen gefeit, wenn dieser Glücksfaktor nicht mitspielt. Daraus lässt sich ableiten, wie sehr Österreich von eben diesem Faktor abhängig ist, natürlich auf einem ganz anderen Niveau. Während die Deutschen den EM-Titel anstreben, wollen wir erst dorthin kommen, wo unser Nachbar selbstverständlich teilnimmt. Der Doppelpass zwischen Können und Glück muss gelingen. Ich weiß, wovon ich spreche: Wir hatten damals bei all der Qualität in den Spielen gegen Schweden und in Weißrussland sehr viel Glück.
Daher betrachte ich in der letzten Quali das 4:4 in Belgien unter Rücksichtnahme des guten Spielverlaufs als vergebene Chance. Solche Fehler darf sich Österreich nicht leisten.
Ich freue mich schon auf die kommende WM-Qualifikation, vor allem auf die begeisternden Fans der Iren. Unsere Chancen sind vorhanden, mit Glück nützen wir sie auch.