Sport/Fußball

Schöttel: "Fans sind schnell nervös"

Es ist die Zuversicht, die aus Peter Schöttels Gesicht strahlt. Egal, ob auf dem Feld im Trainingslager in Windischgarsten, oder beim Rafting auf der Salza – der Rapid-Trainer vertraut auf die Stärke seines Teams. Warum, verrät der 45-Jährige im KURIER-Interview.

KURIER: Welche Erwartungen haben Sie vor dieser Saison?
Peter Schöttel: Wir wollen erfolgreich Fußball spielen und vor allem im Hanappi-Stadion attraktiver und variabler auftreten. In der Vorbereitung klappt das sehr gut. Daran haben die Neuen und die Amateure großen Anteil. Und nur so haben wir die Chance, Salzburg von Anfang an voll zu fordern.

Was hat sich verändert in Ihrem ersten Jahr?
Es ist alles entspannter. Die Spieler wissen schon, was das Trainerteam verlangt. In Rücksprache mit ihnen wurde einiges verändert. Und ich hatte viel mehr Einfluss auf die Zusammenstellung der Mannschaft.

Sie forcieren Spieler, die viele Positionen ausfüllen können, wie Burgstaller, Trimmel, Alar oder Grozurek. Was ist der Plan dahinter?
Gerade in Österreich ist es enorm wichtig, viele Varianten zu haben, weil wir ja inflationär oft gegeneinander spielen und spätestens bei der zweiten Partie Überraschungen schwer werden. Ich habe zum Beispiel 40-mal gegen Mario Haas gespielt. Deshalb wollen wir auf den Positionen im Zentrum Stabilität, auf den anderen sollen sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen.

Seit Ihrem Antritt im Juni 2011 war Nuhiu bereits der 17. Abgang. Ist Ihnen Kontinuität nicht wichtig?
Kontinuität wäre wichtig, ist aber im heutigen Profi-Fußball sehr schwer umzusetzen. Aber im Nachwuchs und bei den Amateuren ist sie ganz wichtig. Das funktioniert bei Rapid jetzt. Deshalb hab’ ich auch kein Bauchweh, wenn Drazan noch gehen sollte, weil mit den Jungen voraus geplant wurde.

Unter den Fans macht sich Nervosität breit, weil kein Neuer älter ist als 21 Jahre.
Die Fans sind schnell nervös. Und viele haben noch das Denken: "Aha, einer ist weg, also muss einer gekauft werden." Auffällig ist momentan auch, dass in jedem Gespräch mit Fans der Satz kommt: "Aber heuer müsst ihr schon Meister werden." Gratulationen zum Vizemeister hat es kaum gegeben, das galt trotz der schweren Ausgangsposition offenbar als selbstverständlich.

Fest steht, dass durch die Kader-Verjüngung das jährliche Einnahmenloch von 2,5 Millionen Euro kleiner wird.
Die genauen Zahlen überlasse ich bewusst unserem Sportmanager Stefan Ebner, und die Neuen kosten ja auch etwas. Aber der Kader muss jetzt schon viel billiger sein, weil viele Ältere mit guten Gehältern weg sind. Teure und riskante Transfers will ich bewusst nicht.

Warum?
Ich halte nichts davon, Stars am Ende ihrer Karriere zu holen. Das ist zwar mit Savicevic gutgegangen, bei Vennegoor of Hesselink und anderen gar nicht. Wir machen die Stars lieber selbst, weil dadurch unsere Talente wieder Licht am Ende des Tunnels sehen und die echte Chance auf Rapid spüren. Es gelingt uns deshalb wieder, sehr gute Junge in die Akademie zu holen, die vor Kurzem noch abgesagt haben.

Was ist der Knackpunkt beim Einbau der Jungen?
Am Ende geht es darum, ob der Cheftrainer die Verantwortung übernimmt und die Jungen auch tatsächlich einbaut. Unser Motto ist: Wir fördern jedes Jahr zwei Amateure so gezielt, dass sie in einem Jahr in der Mannschaft stehen, anstatt acht Junge ein bisschen zu fördern. Ich mache das wirklich gerne und sage auch, dass es nicht einmal das große Risiko ist.

Tatsächlich?
Sie zeigen mir jeden Tag, welch großes Potenzial sie haben. Die 17-, 18-Jährigen sind im Kader, weil sie einfach gut sind. Ich habe keinen Jugendwahn.

Gute Trainingsleistungen sind aber etwas anderes als ein Spiel im vollen Hanappi-Stadion. Hat die Mannschaft genug Erfahrung?
Ich freue mich, wenn Burgstaller mit 23 der älteste Stürmer ist, aber ich habe mit Hofmann, Katzer, Heikkinen und Kulovits vier routinierte Führungsspieler mit tollem Charakter, von denen zumindest zwei immer auf dem Platz sein werden und die jeden Tag den Talenten viel weitergeben.

Sie klingen glücklich, wenn Sie über die neue Rapid-Mannschaft sprechen.
Ich habe die Möglichkeit, das zu machen, wovon ich wirklich überzeugt bin. Dafür bin ich Rapid dankbar. Obwohl mir niemand gesagt hat "Spiel doch mit Jungen", passt das jetzt auch perfekt zur Vereinsphilosophie.

Präsident Edlinger hat den Titel als Saisonziel ausgegeben. War das abgesprochen, oder hat er Sie überrascht?
Weder noch. Und Druck haben wir sowieso immer. Der Präsident ist der oberste Fan dieses Vereins und hat den Wunsch, den alle haben. Das ausgegebene Ziel ist weiterhin die Europacup-Qualifikation. Aber fünf Jahre nach 2008 ist es Zeit für einen Titel. Da gäbe es den Meistertitel und den Cup.

In der Tabelle der Rapid-Viertelstunde gab es nur Platz fünf. Muss es eine körperliche Steigerung geben?
Es heißt nicht, dass die meisten Tore im Finish auch für die beste Kondition stehen. Wir haben meistens 60 Minuten extrem aufwendig gespielt, aber trotz der meisten Torchancen kaum einen klaren Vorsprung heraus­geschossen. Da gab es im Finish dann manchmal auch mentale Probleme.

Sind die Probleme mit den monatelang schweigenden Fans vergessen?
Es ist zumindest viel besser geworden. Es gab aber auch im Verein sehr schlechte Stimmung. Da ist es klar, dass Rapid auch in der Öffentlichkeit besonders kritisch gesehen wird. Jetzt sollte die Stimmung passen, solange der Erfolg da ist.

Das ist bei Rapid ein Grundgesetz.
Ja, deshalb ist es bei Rapid so schwer, so reizvoll und auch so schön.




Peter Schöttel wurde am 26. März 1967 geboren und spielte nie für einen anderen Verein als Rapid. 524 Pflichtspieleinsätze sind Rekord. Nach dem Karriereende 2001 war der zweifache Vater Nachwuchsleiter und bis Ende 2006 Sportmanager. Nach Trainerstationen beim Sportklub und Wiener Neustadt kehrte der Wiener im Juni 2011 nach Hütteldorf zurück.

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