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Robben: Vom Buhmann zum Helden

Bei Sonnenschein kletterten die Stars des FC Bayern am Sonntag in London in den Flieger. Zwei Stunden später stiegen sie in München bei starkem Regen wieder aus. Verkehrte Welt. Doch es sollte den Siegern von Wembley egal sein. Der eine oder andere wollte trotz der Wolkendecke seine Sonnenbrille nicht abnehmen. Ein Indiz, mehr noch, ein Beweis für eine lange Partynacht.

Bis zum Sonnenaufgang wurde mit 1200 Gästen im „Great Room“ im Londoner „Grosvenor House“ gefeiert. „Feuer frei, trinkt viel und macht die Nacht zum Tag“ gab Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge als Motto aus. Dass am kommenden Samstag schon wieder ein Endspiel, das Pokalfinale in Berlin gegen Stuttgart, wartet, war naturgemäß kein Thema. „Ich glaube, auch mit 1,8 Promille haben wir noch eine Chance“, sagte Rummenigge.

Erleichterung

Die Last war eben gigantisch, die von den Bayern am Samstagabend in Wembley abgefallen war. Vor allem auch bei Arjen Robben. Ein Jahr und ein paar Tage ist es her, dass der Niederländer ausgepfiffen wurde. Gnadenlos. Von den eigenen Fans. Beim Freundschaftsspiel zwischen den Bayern und dem Nationalteam der Niederlande, drei Tage nach dem verlorenen „Finale dahoam“ in der Münchner Allianz-Arena. Egoismus, mangelnde Mannschaftsdienlichkeit und falscher Ehrgeiz wurden ihm vorgeworfen. Weil er zum zweiten Mal versagt hatte.

Zum zweiten Mal in einem wichtigen Spiel und zum zweiten Mal vom Elfmeterpunkt. Robben wollte im Finale der Champions League gegen Chelsea wieder gutmachen, was er am 11. April beim meisterschaftsentscheidenden Spiel in Dortmund (0:1) verbockt hatte.

Vergessen waren all die Glanztaten des Niederländers, der Spiele im Alleingang entscheiden kann und das auch schon getan hat. Legendär etwa sein Volley-Tor im Viertelfinale 2010 gegen Manchester United, dass den Aufstieg ermöglicht hatte. Egal: Robben war bei vielen Bayern-Fans unten durch.

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Unter Trainer Jupp Heynckes war der 29-Jährige in dieser Saison lange Zeit – bis zur Verletzung von Toni Kroos gegen Juventus Turin – nur Reservist. Der Name Robben war der erste, der genannt wurde, wenn gerätselt wurde, welche Bayern-Spieler denn dem künftigen Trainer Pep Guardiola nicht ins Konzept passen würden.

Teamplayer

Mittlerweile ist alles anders. Dass Robben über den Sommer hinaus in München bleibt, ist längst beschlossen. Dass er auch ein Teamplayer sein kann, bewies er schon gegen Turin und Barcelona.

Und jetzt das.

Jetzt sollte ausgerechnet er die Bayern mit seinem Siegestor in der 89. Minute in den siebten Himmel schießen. „Das ist ein Traum nach vielen großen Enttäuschungen. Du willst am Ende nicht der Loser sein“, sagte Robben Stunden nach dem Triumph, der damit auch zu einem großen persönlichen Sieg für ihn wurde.

So schnell wird sich der Techniker nicht mehr rechtfertigen müssen, wenn er den Ball zu lange hält oder selbst den Abschluss sucht, obwohl ein Mitspieler besser postiert ist. Auch nicht am Samstag in Berlin. Nicht einmal, wenn er mit 1,8 Promille einläuft.