Rating für Analysten
Von Anita Staudacher
Was antwortet ORF-EM-Chefanalyst Herbert Prohaska auf die Frage, wie spät es ist? "Ja". Nein, wahrscheinlich nicht, aber auffällig ist schon, dass acht von zehn seiner Analysen mit einer Zustimmung beginnen. Was muss ("ihm") der Moderator auch immer so affirmativ fragen: Herbert, das war doch eine klasse Partie, oder? Eine eindeutige Sache für die Deutschen?
Seien wir doch ehrlich: Mit einem simplen "Ja" ist zur Hälfte eines Spiels eigentlich eh alles analysiert. Ja, das Match hat bis jetzt stattgefunden. Die Halbwertszeit der Halbzeit-Analyse beträgt exakt 15 Minuten. Ein Tor und alles ist wieder anders.
Fußball-Analyse ist da nicht anders als Finanz-Analyse. Leidgeprüfte Anleger wissen nur zu gut, dass die Analyse der Vergangenheit gar nichts über die Zukunft aussagt. Rating-Agenturen maßen sich dennoch an, das nächste Tor vorherzusehen.
Zugegeben. Es ist verlockend, einmal wie Standard & Poor’s oder Mehmet & Scholl gnadenlos den Daumen zu heben oder zu senken. Warum nicht auch über Analysten? Hier eine Quick-Analyse zur EM-Halbzeit:
Roman Mählich - AAA. Klares Triple-A für Arbeitsvorbereitung, Akribie, Ausdruckskraft. Weiß wo’s krankt, bringt’s auf den Punkt.
Ausblick: Stabil. Wäre noch besser, wenn er beim Sprechen nicht so hudeln würde ("Juri Löw").
Herbert Prohaska - AA+. War gut, ist gut, bleibt gut. Beste Umfrage-Werte in der Bevölkerung. Wirkt durch die Konkurrenz bemühter, aber abgebrühter. Hohe Prognosekraft der Aussagen, gibt auch Fehler zu, was sympathisch wirkt.
Ausblick: Stabil. Ja-Sager sollten weniger werden.
Frenkie Schinkels - BB. Engagiert, mäßig informiert, seltsam frisiert. Deftige Sprüche – "die Holländer hauen sich jetzt die Schädel ein"– heben den Spaß-Faktor, senken aber das Niveau.
Ausblick: Spekulativ. Am nächsten beim Ramsch-Niveau, was aber am Stammtisch gut ankommt.