Sport/Fußball

Rapids Erfolgscoach spricht Klartext

Am Donnerstag empfängt Rapid in der Europa League Kiew (19 Uhr/ORFeins, Sky live) zum Duell der Verlierer des ersten Spieltages. Ex-Trainer Ernst Dokupil erinnert sich an das letzte Duell und verrät, warum er Zoran Barisic damals rausgeworfen hat.

KURIER: Erinnert Sie die Ausgangslage vor dem Spiel gegen Kiew an das Duell 1996?
Ernst Dokupil:
Kiew war damals eine größere Nummer – Rapid aber auch, weil wir knapp davor im Europacup-Finale standen. Also war Dynamo wie jetzt leichter Favorit. Ähnlich ist auch, dass wir in der Meisterschaft nicht so gut unterwegs waren.

Die zwei Siege kamen aber überraschend, oder?
Es war leichter als erwartet. Beim Heimspiel hat das späte 2:0 viel erleichtert. Und auswärts war beim 4:2 jeder Schuss ein Treffer. Sogar Iwanow hat zwei Mal getroffen. Danach in der Champions League war die Erwartungshaltung zu hoch.

Warum haben Sie knapp danach den heutigen Trainer Zoran Barisic gefeuert?
Wir wissen heute beide, dass es ein Missverständnis war. Meine ganze Mannschaft war vor dem 0:2 in Manchester im Fanshop. Das hat mich maßlos geärgert. Später sehe ich dann, wie der Zoki das Leiberl vom Cantona in der Kabine aufhängt. Ich hab’ gesagt: „Ich kann dich nicht mehr brauchen.“ Er hat sich umgedreht und ist wortlos gegangen.

Was war das Missverständnis?
Es war gar nicht das Leiberl vom Zoki, sondern vom Andy Heraf. Der ist dem Cantona angeblich bis in den Spielertunnel nachgelaufen, um das zu kriegen.

Was erwarten Sie morgen?
Bei Europacup-Heimspielen kann Rapid viel gelingen, weil die Fans Druck auf den Gegner ausüben. Allerdings befürchte ich, dass sich Kiew von der Kulisse nicht beeinflussen lässt.

Sie sorgten als Trainer ab 1994 für Aufbruchsstimmung – sehen Sie Parallelen zu heute?
Es könnte wieder etwas entstehen, und Schaub ist auch ein Riesentalent. Aber Kaliber, wie ich sie mit Kühbauer und Stöger hatte, sehe ich nicht. Da müsste vom Verein Unterstützung kommen.

Für Einkäufe ist kein Geld da.
Es ist bei Rapid nie Geld da. Wir haben uns das auch selbst erspielen müssen. Aber es kann doch nicht sein, dass der Verein nicht fähig ist, einmal einen größeren Sponsor zu finden.

Wären Sie für die Öffnung des Vereins für einen Investor?
Unbedingt sogar. Ich war ja in der Reformkommission. Der allgemeine Tenor dort ist: Wir wollen ein Stadion für 24.000 Zuschauer, die Tradition bewahren und damit unter die Top 50 Europas. Das kann sich nie ausgehen!

Wie lautet Ihr Lösungsvorschlag?
Rapid muss in ein umgebautes Happel-Stadion übersiedeln. Im Prater muss ein Stadion stehen, das mit den besten in Europa mithalten kann. Und außerdem muss sich bei den handelnden Personen etwas ändern.

Soll Hans Krankl wieder in den Verein zurückkehren?
Ja, sicher. Wenn er will.

Sie galten als ein Trainer mit einem guten Auge für die richtige Zusammenstellung eines Teams. Und als einer, der viele Freiheiten gewährt. Wurde das auch ausgenutzt?
Wahrscheinlich. Aber das habe ich in Kauf genommen, weil durch die vielen Freiheiten auch das Selbstvertrauen der Spieler gestiegen ist.

Wie wurden Sie zum einzigen Trainer, der bei Rapid einen Machtkampf gegen einen Präsidenten gewonnen hat?
Ich war damals mit Präsident Kaltenbrunner ziemlich über Kreuz. Er hat daraufhin gesagt: „Er oder ich!“ Und seine Präsidiumskollegen waren eben für mich. Da war auch Glück dabei.

Sie haben sich im Winter bei der Sportdirektor-Suche auch beworben. Wollten Sie sich diesen stressigen Job mit 66 wirklich noch antun?
Ich wäre nicht wie Schulte den ganzen Tag im Büro gesessen, um alle Anrufe entgegenzunehmen und am Wochenende auch noch mit der Mannschaft zu den Spielen zu fahren. Das hätte man meinem Alter entsprechend lösen und delegieren müssen. Ich wollte eher die Sportpolitik langfristig vorgeben. Damit der Verein eine Spielphilosophie bekommt.