Rapid verpasst die Europa League
Seit der Gründung der Europa League 2009 war Rapid der Spezialist für K.o.-Duelle. Zehn Mal in Folge gelang der Aufstieg, jede Qualifikation endete in der Gruppenphase. Ausgerechnet gegen Helsinki ist die Serie gerissen.
Der fünfte Einzug in die Gruppe blieb nach dem 1:2 in Finnland mit einem 3:3 gegen HJK verwehrt, obwohl Rapid eine Stunde lang sogar die bisher beste Saisonleistung geboten hatte.
Wie beim Derby hatte Rapid Anstoß, diesmal wurde der Ball aber kontrolliert nach vorne gespielt. Nach einer Kainz-Flanke schraubte sich der kleine Schaub hoch. Sein Kopfball klatschte nach 24 Sekunden an die Stange. Die Fans wurden noch lauter, die Atmosphäre erinnerte an die erfolgreichen Europacup-Schlachten, es folgte eine echte Rapid-Viertelstunde. Gegen die anfangs gar nicht so defensiven Finnen schaltete Beric nach einem Einwurf schnell und spielte Schaub frei. Der 19-Jährige zog kompromisslos ab und traf nach zehn Minuten zum erlösenden 1:0.
Wie 2013 gegen Dila Gori erzielte der U-21-Teamspieler somit in beiden Play-off-Partien das 1:0. Mit dem nächsten Angriff schien der Aufstieg zum Greifen nahe. Über Kainz und Schwab wurde auf den überragenden Mann zurückgelegt – Schaub zirkelte den Ball mit links ins Kreuzeck zum 2:0 nach nur 13 Minuten. Die 21.100 Zuschauer, die nach dem Umzug in den Prater für einen Play-off-Rekord bei Rapid sorgten, tobten. Aber nur kurz. Ein Eckball reichte, und HJK war wieder voll da. Tormann Novota konnte einen Kopfball noch abwehren, doch Kandji staubte zum 2:1 (15.) ab. Der Mittelstürmer gab wieder den stets gefährlichen Alleinunterhalter in der sonst verwaisten Offensive. Bei Rapid ging Hofmann mit Dauersprints an die Schmerzgrenze und darüber hinaus. Nach 72 Minuten wurde der Kapitän ausgewechselt. „Steffen war angeschlagen und wollte schon viel früher raus“, erklärte Trainer Barisic, der schon zur Pause Wydra für den verletzten Behrendt gebracht hatte: Der Deutsche erlitt einen Mittelfußknochenbruch und muss operiert werden.
15 Minuten Powerplay nach der Pause brachten im Getümmel zwei Beinahe-Eigentore der Finnen und einen Wydra-Schuss.
Späte Wende
Mit einer Chance von Savage kamen die Gäste wieder in die Spur (62.). Ein unnötiges Foul von Joker Petsos ermöglichte den Tiefschlag. Alho zirkelte den Freistoß aus 27 Metern ins Eck – 2:2, just zu Beginn der Rapid-Viertelstunde. Damit war das Selbstvertrauen dahin. Ein geschenkter Elfmeter nach einem Konter war die bittere Draufgabe. Savage traf zum 2:3 (88.). Wydras Weitschuss zum 3:3 war nur noch Ergebniskosmetik (93.). Das Aus kam überraschend wie der Applaus der Fans nach dem Ende. Mit einem Sieg gegen Grödig am Sonntag soll zumindest für eine ruhigere Länderspielpause gesorgt werden.
„Wir haben uns geschlossen für diesen Weg mit hochtalentierten Spielern entschlossen. Alle haben alles gegeben. Wir waren nur ein paar Mal nicht abgebrüht genug“, sagte Barisic, der sich erneut vor die Mannschaft stellte: „Ich übernehme für alles die Verantwortung.“
1:0 (10.) Schaub, 2:0 (13.) Schaub, 2:1 (15.) Kandji, 2:2 (76.) Alho, 2:3 (88.) Savage (Foulelfmeter), 3:3 (93.) Wydra.
Rapid: Novota; Pavelic, Sonnleitner, M. Hofmann, Schrammel; Schwab, Behrendt (46.Wydra); Schaub, S. Hofmann (73. Petsos), F. Kainz (79. Starkl); Beric.
Helsinki: Doblas; Sorsa, Moren, Heikkinen, Lampi; Tainio, Schüller (68. Zeneli); Alho (94. Heikkilä), Lod, Savage; Kandji (88. Perovuo).
Gelbe Karten: Schwab, Pavelic bzw. Schüller, Doblas, Alho, Perovuo.
Happel-Stadion, 21.100 Zuschauer, SR Lannoy (F)
Hinspiel: 2:1 für Helsinki.
Nach Malmö jubelte auch die zweite Mannschaft aus Skandinavien über den überraschenden Aufstieg gegen Österreicher. Steffen Hofmann ärgerte sich vor allem über das 2:1 der Finnen nach einem Eckball: „Das war wirklich ein saudämliches Tor. Wir haben so angefangen, wie wir uns das vorgestellt haben. Dass sie bei Standards gefährlich sind, haben wir gewusst. Es ist sehr bitter, dass wir da ausgeschieden sind.“
Hofmanns langjähriger Teamkollege Markus Heikkinen, eine der Stützen bei Helsinki, wirkte aufgrund seiner Vergangenheit fast geschockt: „Ich bin auch ein wenig traurig. Ich weiß, was das für Rapid bedeutet. Aber für uns ist das ein Wahnsinn. Ein finnischer Klub hat nicht oft einen solchen Erfolg.“
Fassungslos waren die meisten Rapid-Spieler. Mario Sonnleitner sagte entsetzt: „Das ist einer der bittersten Momente in meiner Karriere. In der Spielerkabine sitzen lauter traurige Menschen.“ Dabei fühlte er sich im Spiel unterbeschäftigt: „Ich hab’ in einer solchen Partie noch nie so wenige Zweikämpfe gehabt. Helsinki hat nach vorne fast nichts gemacht. In zwei Partien schießen sie sechs Mal und machen fünf Tore. Das ist mir unerklärlich. So auszuscheiden, ist wie verhext.“
Sportdirektor Andreas Müller wollte die Spieler aber nicht aus ihrer Verantwortung nehmen:„International muss man noch konzentrierter sein, als in der Liga. Mir hat nach dem 2:1 die Entschlossenheit auf dem Weg zum dritten Tor gefehlt. Dann haben wir oft entscheidende Zweikämpfe verloren. International wird so etwas bestraft. Die Gruppenphase hätte uns gut getan.“
Ilta-Lehti: "Für Rapid ist das Stranden in der Europa-League eine Katastrophe. Vor dieser Saison war Rapid vier Mal in fünf Jahren der Zwischenrunde, die heurige Saison ist für die Mannschaft praktisch schon im Eimer. Nach einer vierfachen Teilnahme von Rapid Wien in der Gruppenphase muss man trotzdem keine Tränen für die Mannschaft vergießen."
Uusisuomi (Online-Zeitung): "Werden den Finnen jetzt derartige Delikatessen geboten? - Es war erfreulich zu sehen, dass die Rapid-Wien-Fans ihre Mannschaft auch in der Niederlage unterstützten. Das war eine Demonstration jener hohen Fußballkultur, die wir auch schon vor einer Woche in Helsinki gesehen haben. (...) HJK spielte 1998 das letzte Mal in der Zwischenrunde der Champions League. In der Gruppenphase der Europa-League haben sie bisher noch nie gespielt. Nach langer Pause findet der Eurofußball für Finnland im September diesmal eine Fortsetzung."
Helsingin Sanomat: "HJK hat das geschafft, was viele Fußballbegeisterte gehofft und für möglich gehalten haben. Trotz des wunderbaren Kampfes gibt es noch genug zu verbessern. HJK konnte nur gelegentlich Angriffe systematisch aufbauen und viel zu oft musste Macoumba Kandij das Spiel ordnen. Die nächsten Gegner werden härter und die Mannschaft wird ihre Spielweise verbessern müssen."