Sport/Fußball

Probelauf mit Problemen

Das Maracanã war ausverkauft, aber nicht voll besetzt. Ein Jahr vor dem WM-Auftakt (10. Juni 2014) und rund zwei Wochen vor dem Beginn des Confederations-Cups wurde das bekannteste Stadion Brasiliens offiziell eröffnet. Die Mannschaft des Veranstalters bat England zur Einweihung. Endstand: 2:2.

Die Erkenntnis dieses Sonntagabends war daher: Sportlich wie organisatorisch ist in Brasilien noch lange nicht alles eitel Wonne.

Immerhin: Das Spiel fand statt, was nach dem Kabarett im Vorfeld schon ein Erfolg war. Denn eine Richterin hatte zwei Tage vor der Eröffnung die Austragung wegen möglicher Sicherheitsmängel untersagt, ehe diese Entscheidung wieder revidiert worden ist. Reklamiert wurden das Fehlen von Gutachten zu den Sicherheitsvorkehrungen sowie Bauschutt, der von den Fans bei Ausschreitungen missbraucht werden könnte.

Viel Geld

"Under Construction" – das eine oder andere Schild mit dieser Aufschrift gab es im und rund ums Stadion noch zu sehen. Seit zweieinhalb Jahren wird der legendäre Fußballtempel modernisiert. Die Kosten, die sich im Verlauf der Arbeiten auf rund 450 Millionen Euro verdoppelt haben, werden allein von der öffentlichen Hand getragen. Obwohl schon im April eine erste Eröffnung geprobt wurde, sind die Arbeiten im und vor dem Maracanã immer noch nicht abgeschlossen.

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Vor allem beim Einlass der Fans kam es zu Problemen. Das war aber nicht nur in Rio de Janeiro der Fall. Auch in der Hauptstadt Brasilia gab es Probleme. Lange Schlangen vor umständlichen Sicherheitskontrollen und mangelhafte Beschilderung verhinderten den pünktlichen Beginn der Spiele. Das Mané-Garrincha-Stadion in Brasilia, wo am 15. Juni Brasilien den Confederations-Cup gegen Japan eröffnen wird, ist noch teurer als das Maracanã. Es fasst 71.000 Zuschauer, obwohl es in der Stadt nicht einmal einen Zweitligaverein gibt. Das letzte Lokalderby lockte 970 Fans an.

Die Zuschauer, die es in Rio trotz des Chaos an den Drehkreuzen ins Maracanã geschafften hatten, pfiffen ihre Mannschaft schon zur Halbzeit aus. Dabei spielte die Seleção vor der Pause druckvoll und dominant. „Was das Maracanã betrifft, kann ich nicht beurteilen, ob es den Ansprüchen heute genügt hat. Dazu habe ich davon zu wenig gesehen. Bei meiner Mannschaft aber ist es klar, die war nur in der ersten Hälfte exzellent“, sagte Brasiliens Teamchef Luiz Felipe Scolari.

Großer Druck

Die Erwartungshaltung im fußballverrückten Brasilien ist enorm. Die Seleção war drückend überlegen, dennoch stand es zur Pause 0:0 gegen England. Vor allem weil Englands Tormann Joe Hart überragend spielte. „England hat heute aus sieben Torschüssen zwei Treffer gemacht, während wir für zwei Treffer 30 Torschüsse gebraucht haben“, meinte Scolari.

Der hat seinen Einstand in seine zweite Ära als Teamchef gegen England gefeiert, damals setzte es eine 1:2-Niederlage. Aber in beiden Spielen war zu sehen: Brasilien hat großartige Einzelkönner, aber das Spiel im Kollektiv ist alles andere als genial. „Wir wollten ein großes Fest feiern, das ist uns nicht ganz gelungen. Die Leute haben erwartet, dass wir gewinnen, daher kann ich verstehen, dass sie unzufrieden waren“, sagte Scolari zur Stimmung.

Wie wird die sein, wenn am 30. Juni Brasilien nicht im Maracanã einläuft? Denn der Einzugs ins Finale des Confederations-Cups wird von den Fans erwartet.

Mindestens.

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