Sport/Fußball

ÖFB-Team: Startschuss zum Jahresende

Lang, lang ist’s her. So lang, dass es schon fast vergessen ist. Erwähnt werden muss es trotzdem. Als Ansporn, diesen traurigen statistischen Wert ehestmöglich ad acta zu legen. Es war der 19. Juni 1990, als Österreich zuletzt einen Sieg bei einer Großveranstaltung eingefahren hat. 2:1 gegen die USA bei der Weltmeisterschaft in Italien. Österreich kam trotz des Erfolgs nicht mehr unter die vier besten Gruppendritten.

Heute (20.45 Uhr/live ORFeins) sind im Wiener Ernst-Happel-Stadion wieder die USA der Gegner. Und so wie am 22. April 1998, als die USA im Prater mit 3:0 gewannen, ist es ein Spiel mit Test-Charakter. Und das waren nicht unbedingt die besten Vorzeichen für ein Spiel des österreichischen Nationalteams in den letzten Monaten. Die letzten drei Spiele freundschaftlicher Natur gingen gegen die Elfenbeinküste, Wales und Griechenland jeweils verloren.

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Das ist auch den Spielern bewusst. „Wir haben die letzten zwei Jahre in Zahlen und Fakten aufgearbeitet“, erzählt Christian Fuchs. „Dabei ist herausgekommen, dass wir die Qualifikationsspiele viel besser bestritten haben“, sagt der Kapitän. Und genau da soll heute eingehakt werden. „Das ist kein Freundschaftsspiel, sondern ein Test“, betont der Schalke-Legionär. „Ein Startschuss für die neue EM-Qualifikation und eine Möglichkeit für alle, sich zu beweisen.“

Kein volles Haus

Darum geht es also. Und darum, dem Publikum zum Jahresabschluss zu zeigen, dass auch in diesen Spielen das letzte Hemd gegeben wird.

16.000 Karten waren gestern verkauft. Nicht die Welt. Und genau da hakt Teamchef Marcel Koller ein, wenn er sagt: „Es ist wichtig, dass die Fans nicht wegen einem attraktiven Gegner kommen, sondern wegen uns. Da sind wir scheinbar noch nicht ganz so weit.“

Nach zehn gemeinsamen Vorbereitungstagen erhofft sich der Schweizer, dass doch einiges umgesetzt wird. Vor allem, dass nach Ballverlusten schneller die defensive Ordnung hergestellt und auch gehalten wird.

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Unabhängig davon darf wieder ein Team erwartet werden, das den Gegner mittels aggressivem Angriffspressing gleich zu Beginn zu Fehlern zwingen will. Im Falle einer Führung möchten sich die Österreicher künftig weiter zurückziehen, dort aber nicht weniger aggressiv attackieren und mehr Raum für Gegenstöße vorfinden.

Wer Kollers Ideen umsetzen soll? Anzunehmen ist, dass der 53-Jährige weiterhin auf Kontinuität setzt, taktische Abläufe weiter automatisiert werden sollen und selbst in einem Test nur bedingt experimentiert wird. Möglich, dass es schon in der Startelf den achten Debütanten in der Koller-Ära gibt.

In Spanien hat Marcel Koller die Arbeit an seinem zweiten Abschnitt als Teamchef begonnen. Bei tollem Wetter war die Stimmung entspannt bis heiter. Das Teamcamp in der Nähe von Alicante war für Christian Fuchs nichts Neues, er kannte es von seinem ersten Trainingslager als deutscher Bundesligaspieler. Er liebte in der Hotel-Cafeteria den Café Cortado. „Den hat der Portugiese Daniel Fernandes damals immer bestellt. Der ist noch so super wie damals.“ Damals, das war im Jahr 2009, als er unter Trainer Marcel Koller mit dem damaligen Erstligisten Bochum in Spanien war.

KURIER: Wie ist Ihre Beziehung zum Teamchef?

Christian Fuchs: Er hat mich damals in die Deutsche Bundesliga geholt, wir hatten danach immer wieder Kontakt, und vor zwei Jahren haben sich unsere Wege wieder gekreuzt.

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Ist Ihr gutes persönliches Verhältnis ein Grund dafür, dass Sie sich für ihn ausgesprochen haben?

Das war ja nicht nur ich. Die Verantwortlichen im ÖFB und wir Spieler haben uns für ihn ausgesprochen. Da ist der Wunsch nach Kontinuität. Die Mannschaft spürt, dass es Hand und Fuß hat, was er macht.

Und dennoch hat man das Ticket zur WM-Endrunde in Brasilien verpasst. Man hat es nicht einmal in die Play-offs geschafft.

Da haben fünf Minuten gefehlt, das war bitter. Aber diese Qualifikation war ein Schritt in die richtige Richtung, da ist einiges nach vorne gegangen.

Was hat nicht gepasst?

Ein Beispiel: Wir haben manchmal den Ball weit vorne, weit weg von unserem Tor, verloren, aber Gegentreffer aus diesen Situationen bekommen.

Das scheint jetzt sehr speziell, also nur eine Kleinigkeit zu sein.

Es ergibt sich ein größeres Bild, wenn man einige Kleinigkeiten anschaut und auch verbessert.

Sind die 13 ÖFB-Betreuer mehr oder weniger als bei einem Millionenklub wie Schalke?

Das passt. Wir haben bei Schalke ähnlich viele Betreuer. Aber es zählt ohnehin nicht, wie viele dabei sind. Es zählt die Qualität der Arbeit. Und die passt.

Mit Co-Trainer Fritz Schmid ist aber ein Betreuer verloren gegangen. Soll der Job nachbesetzt werden?

In meinen Augen schon. Man kann zwar mit Koller immer über alles reden. Aber ein Co-Trainer ist meist eine kumpelhafte Ansprechperson, und von dieser Sorte gibt es nun einen weniger. Außerdem konnte man mit Fritz herrlich über das Verhalten auf dem Platz diskutieren.

Es ist auch ein Psychologe im Betreuerstab. Haben Sie sich im Trainingslager ab und zu Rat von Thomas Graw geholt?

Die Frage stellt sich so für mich nicht. Ich kenne ihn seit unserer gemeinsamen Zeit in Bochum, und wir tauschen uns regelmäßig privat aus. Er hat immer wieder einen Ratschlag für eine andere Sicht der Dinge.

Sie hatten vor rund einem Jahr eine schwierige Zeit privater Natur.

Die richtig schwierige Phase in meinem Privatleben war meine Scheidung, das lief von letztem Sommer bis in den Dezember. So etwas beeinflusst einen Menschen, und so etwas kann einem auch noch nachhängen. Es ist doch natürlich, dass sich privat auch mal Sachen ändern können. Ich habe aber wieder Ruhe in mein Privatleben gebracht.

Ihr Privatleben stand im Fokus des Boulevard. Nervt so etwas?

Es ist schon gewöhnungsbedürftig, dass man als Sportler nicht nur mit seinen Leistungen in die Zeitungen kommt, sondern dass das Interesse am Privatleben so groß ist. Auch wenn man es – so wie ich – nicht öffentlich macht, über den roten Teppich stolziert und in die Kameras lacht.

Was wollen Sie über Ihr Privatleben preisgeben?

Tatsache ist, dass meine Freundin Raluca in New York wohnt und dort eine Firma hat. Ich war im Urlaub dort, sie fliegt öfters nach Deutschland. Sie und mein Berater Thomas Böhm haben mir in der Zeit sehr geholfen und sind mir beigestanden.

Bei all dem öffentlichen Interesse: Können Sie unerkannt in Düsseldorf, wo Sie wohnen, weggehen?

Ja. Dort ist es nicht so schlimm. Als ich letzte Saison mit Robert Almer, der damals in Düsseldorf Tormann war, ausgegangen bin, haben die Fans nur ihn erkannt und um Autogramme gebeten.

Ist es nicht manchmal anstrengend, wenn man so wenig zu Hause ist?

Spiele sind noch immer spannender als Training. Außerdem kann man in tollen Stadien gegen super Mannschaften spielen.

Seit dem Frühjahr lässt Sie Trainer Jens Keller aber nicht in jedem Spiel beginnen.

Das war ein Lernprozess für mich. Bis dahin war ich in meiner ganzen Karriere immer Stammspieler. Der Trainer hat mir gute Trainingsleistungen bestätigt und mir gesagt, dass er sieht, dass ich mich nicht hängen lasse und er mich jederzeit bringen kann. Wenn ich dann eingewechselt werde, laufe ich meine sieben Kilometer in einer Halbzeit und freue mich, wenn ich ein Tor vorbereiten kann und wir das Spiel noch drehen können. So wie gegen Bremen.

Im Team sind Sie gesetzt. Auch gegen die USA. Was erwarten Sie von dem Spiel?

Ein Hebel, den wir jetzt ansetzen wollen, ist, dass wir bei Freundschaftsspielen erfolgreicher werden. Damit wir Selbstvertrauen sammeln für die nächste Qualifikation. Und die fängt mit diesem Lehrgang an. Der Startschuss fällt am 19. November.