Okotie fühlt sich nicht als Held
Trotz der Glückshormone merkte man nach dem umjubelten 1:0-Erfolg gegen Russland den österreichischen Teamspielern die Folgen des Arbeitssieges an. Einige schleppten sich schweren Schrittes Richtung Ausgang, verzichteten auf einen Abstecher in den VIP-Klub, stießen lieber in der Innenstadt im Teamquartier auf den Erfolg an.
Sonntag war erst am Abend leichtes Training angesagt. Bis auf Marc Janko, der schon wieder auf dem Weg nach Australien war, waren noch alle Spieler in Wien, auch die angeschlagenen. Zwischen Nach-Freude über den Sieg und Vor-Freude auf das Dienstag-Spiel gegen Brasilien versuchten die Beteiligten das Geschehen gegen Russland einzuordnen.
Österreichs Tor-Männer
Nicht nur Marc Janko trifft, das Comeback von Rubin Okotie bringt Teamchef Koller noch eine Alternative. Der ist nach den Siegestreffern gegen Montenegro und Russland der Hero bei den Fans. Doch der 27-Jährige schwächt ab: "Ich fühle mich nicht als Held. Es war eine großartige Mannschaftsleistung, jeder hat seinen Teil dazu beigetragen, dass wir gewonnen haben." Koller zeigte Verständnis, dass Okotie nicht glücklich über den Platz auf der Bank war. "Gegen Schweden war er noch hektisch, wollte alles niederreißen. Doch diesmal hat er seine Aufgabe mit Ruhe, Gelassenheit und viel Power sehr gut gelöst."
Kollers Alternativen
Mit Baumgartlinger und vor allem Alaba fehlten zwei ganz wichtige Spieler. Der Teamchef sagt: "Wir versuchen auf unserem Level, Konstanz reinzubringen. Wir konnten gegen Russland zwei Ausfälle auffangen. Jetzt wissen die anderen auch, wie wichtig sie sind."
Die EM-Aussichten
"Wenn ich auf die Tabelle schaue, weiß ich, dass Weihnachten vor der Tür steht", sagt der Teamchef. Aber es sei eben nur eine schöne Momentaufnahme. "Wir wissen, dass wir noch nicht durch sind." Österreich ist in den vier Spielen nicht in Rückstand geraten. Bis dato konnte man das Glück zwingen. Koller: "Wir tun viel, um erfolgreich zu sein. Aber wir wissen auch, dass das kippen kann, dass du ein frühes Gegentor bekommen kannst und dem ein ganzes Spiel nachläufst."
Die Fan-Europhorie
Das Team ist wieder in, bis zu 1,229 Millionen (986.000 im Schnitt) Fußballfans sahen das Spiel im ORF, das Stadion war ausverkauft. Zu den bevorstehenden Auswärtsspielen meinte Koller: "Am liebsten würde ich alle 48.000 mitnehmen, das geht leider nicht. Aber man spürt, dass die Fans hinter uns stehen. Und in Moldawien war das auch eine schöne, große Ecke von Fans."
Die Serie ohne Niederlage
Er hätte nichts dagegen, wenn die halten würde. Österreich hat die letzten neun Spiele nicht verloren, ist 2014 (sieben Spiele) ungeschlagen. Am Dienstag kommen die Stars aus Brasilien ins Happel-Stadion.
Das Brasilien-Spiel
Koller: "In diesem Spiel hat Priorität, dass man sich gegen einen starken Gegner weiterentwickelt." Er nennt es auch: "Anschauungsunterricht, um sich zu verbessern."
KURIER-Noten für die Teamspieler
Österreich zehn Punkte, Schweden sechs, Russland und Montenegro fünf. Das große Rechnen, wie nahe man denn der EM gekommen ist, hat schon begonnen.
Vorneweg: Rein rechnerisch ist nicht einmal der dritte Platz abgesichert. Nicht einmal, wenn man zwei Mal gegen Liechtenstein und daheim gegen Moldawien gewinnt. Sogar dann haben Russland, Schweden und Montenegro noch die Chance, allesamt Österreich zu überholen. Voraussetzung dafür ist natürlich, das Österreich in Russland, Schweden und Montenegro keinen Punkt holt.
Bei aller Euphorie der Fans: Bis dato haben die Österreicher nur ihre Pflicht erfüllt, um von einer EM-Teilnahme träumen zu können. Sie haben kein Heimspiel gegen die drei härtesten Gegner um einen der ersten drei Plätze verloren. Sie haben zwei davon sogar gewonnen. Was jene Gegner aber nicht gemacht haben, denn die haben des öfteren Punkte verschenkt, was die Tabelle aus rotweißroter Sicht so schön ausschauen lässt.
Das ist es, was die Trauben für Österreich nicht so hoch hängen lässt. Weshalb die Kür nicht ganz so schwierig ist. Nun muss die Mannschaft von Koller in Solna, Moskau oder Podgorica gar nicht mehr gewinnen. Stiehlt man dort den einen oder anderen Punkt, ist Frankreich ganz nah.
Bislang aber ist erst die Pflicht erfüllt. Teamspieler und Teamchef warten mit dem Feiern zurecht ab, bis sie sich zum EM-Teilnehmer gekürt haben.