Mourinho: Der Großmeister in der Provinz
Seit Dienstag stellt sich modeinteressierten Menschen die Frage: Wann wird José Mourinho die Lederhose tragen, die er in Kärnten geschenkt bekommen hat? Wenn überhaupt, dann wird er das – für einen Portugiesen exotisch anmutende – Beinkleid wohl nur im kleinen familiären Kreis vorführen, vor seiner Frau und seinen beiden Kindern.
Der 51-Jährige kommt wohl aus der portugiesischen Provinz (Setúbal hat rund 50.000 Einwohner), ist inzwischen aber längst zu einem Mann von Welt geworden. Er hat Werbeverträge mit Samsung, Adidas, American Express und Braun. Er schaffte es in den letzten Jahren immer wieder in diverse Rankings, wenn es um die bestgekleideten Trainer und Fußballer geht.
Wolfsberger Verdienst
Würde Mourinho aus Bayern stammen, so hätte man behaupten können, dass ihm am Mittwochabend im Wörthersee-Stadion beinahe diese neue Lederhose ausgezogen wurde. Trainer Kühbauer ließ jeden seiner Kicker in den Genuss eines Spiels gegen eines der besten Teams der Welt kommen. Nach dem 0:0 zur Pause brachte er daher zehn neue Spieler, nur Verteidiger Daniel Drescher durfte noch 43 Minuten spielen, ehe er Seidl wich, der erstmals seit seinem zweiten Kreuzbandriss wieder spielen durfte.
Vor der Pause schlugen sich die Kärntner wacker, ließen nur wenige Möglichkeiten zu, danach kam es noch besser: Nach einem schönen Angriff schoss Silvio Chelsea-Tormann Cech an, der Ball ging an die Latte und danach ins Feld zurück. Schiedsrichter Trattnig entschied, dass der Ball bei der Parade von Cech schon hinter der Linie war und somit auf Tor für den WAC (55.).
In 60 Länder wurde übertragen, wie der Kleine gegen den Großen in Führung ging. Chelsea ist eine Topmannschaft. Auch wenn sechs WM-Spieler noch nicht bei der Mannschaft sind. Auch wenn Trainer José Mourinho keinen seiner spanischen WM-Spieler eingesetzt hat. Und so war es trotz des Testcharakters wichtig für die Engländer, dass der junge Boga noch ausgleichen konnte (83.).
28.700 Zuschauer sorgten für eine großartige Kulisse. Die Welle ging durch das Stadion, in dem nur bei der EM 2008 mehr Zuschauer waren. Der Wolfsberger AC durfte sich über eine dicke Scheibe Zubrot freuen. Präsident Dietmar Riegler: "Das Spiel ist nicht nur gut fürs Image, da bleibt uns auch einiges an Geld. Ein großer Verein wie Chelsea ist uns dabei entgegengekommen. Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass die Partie fast ausverkauft ist."
Für den WAC jedenfalls war die Partie ein Highlight in der Klubgeschichte. Kühbauer wechselte nach Schlusspfiff beim Handschlag ein paar freundliche Wort mit Mourinho, meint aber: "Das Spiel wird sein und mein Leben nicht groß verändern." Für Kühbauer ist das Spiel am Samstag gegen die Austria sportlich wichtiger.
Für Mourinho stehen diese Saison Champions League und Meisterschaft im Mittelpunkt. "Die letzte Saison war eine des Umbaus. Chelsea hatte ein großes Jahrzehnt, jetzt wollen wir eine Mannschaft formen, die wieder ein großes Jahrzehnt schaffen kann." Mit der Mannschaft im Umbau erreichte er letzte Saison immerhin das Halbfinale der Champions League. In der Meisterschaft belegte Chelsea Rang drei, vier Punkte hinter Meister Manchester City. Mourinho, der Inter Mailand in Italien und Real Madrid in Spanien betreut hat, sagt: "Die Premier League ist eine der besten Ligen der Welt. Dass gleich fünf oder sechs Teams um den Titel mitspielen, das gibt es nur in England."
Die Eskapaden des Jose Mourinho