Sport/Fußball

Heynckes: Erst spröde, dann weich

Ein findiger Fußballfan hat dieser Tage einen Kaugummi aus dem Gras gefischt und ihn teuer versteigert. Es war der letzte, den Sir Alex Ferguson als Trainer von Manchester United aus dem Mund gespuckt hat.

Wo war dieser findige Fußballfan nach dem letzten Bayern-Spiel in dieser Bundesligasaison? Wäre er in Gladbach gewesen und hätte mit einem kleinen Röhrchen die Tränen von Jupp Heynckes aufgefangen – er hätte noch reicher werden können.

Emotionen

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Heynckes ist hochgradig spröde. Einen glanzvollen Sieg seines Teams kommentiert er genauso unaufgeregt wie eine bittere Niederlage. Öffentliche Gefühlsausbrüche bei der Arbeit? Das ist nicht die Sache von Jupp Heynckes – selten ein Lächeln, erst recht keine Wutausbrüche oder Attacken auf Spieler oder Trainerkollegen.

Aber nach dem Spiel in Gladbach hatte er mit den Emotionen zu kämpfen, wischte sich nach dem 642. und vielleicht letzten Bundesligaspiel das Feuchte aus dem Augenwinkel. Er war von den Borussia-Fans gefeiert worden, was einem Bayern-Trainer ja nicht so oft passiert. Aber der 68-Jährige hat dort seine beste Zeit als Fußballer erlebt, als noch im Bökelbergstadion gespielt wurde. Vier Mal wurde er Meister mit der Borussia, in dieser Zeit wurde er auch Weltmeister (1974) und Europameister (1972).

Mit 34 Jahren begann er in Mönchengladbach als Trainer. Daraus wurde eine Erfolgsgeschichte, denn er führte die Mannschaft gleich im ersten Jahr ins Finale des UEFA-Cups. Mit Bayern holte er drei Meisterschaften – 1989, 1990 und 2013.

Bitterer Abschied

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Seinen größten Erfolg feierte er mit Real Madrid: Unter seiner Führung gewann der Klub 1998 die Champions League. Das gewonnene Finale war gleichzeitig sein letztes Spiel als Trainer bei Real, da er nach nur einer Saison entlassen wurde.

Ein Schicksal, das ihn auch jetzt in München ereilt. Unter seiner Leitung haben die Bayern nach zwölf Jahren ihre titellose Zeit in Europa beendet. Man wollte ein Zeichen setzen und verpflichtete Ex-Barcelona-Erfolgscoach Josep Guardiola. Am 16. Jänner hatte Heynckes von seiner Ablöse erfahren. Seither will er es bei den Bayern allen zeigen.

Schweres Erbe

Und das ist ihm gelungen: Heynckes hat Guardiola ein schweres Erbe hinterlassen mit Meisterschaft, Champions League und vielleicht auch noch dem Cupsieg. Für den Deutschen war diese Saison eine tiefe Befriedigung, dass es auch seine Trainergeneration noch richten kann. Im Winter, im Trainingslager in Katar, hatte er gespottet: „Masterplan, das haben die jungen Trainer heute, die Konzept-Trainer und Laptop-Trainer, die gekommen und gegangen sind in der Liga. Die machen so etwas. Ich habe klare Vorstellungen.“

Das ändert aber nichts daran, dass der Erfolgstrainer gehen muss. Noch nicht nach dem Triumph in der Champions League: Denn mit den Bayern gibt es kommenden Samstag noch das Pokal-Endspiel in Berlin gegen den VfB Stuttgart. Aber dann ist wirklich Schluss.

Oder doch nicht?