Real Madrid gewinnt die Champions League
Erstmals in der Geschichte der Champions League standen einander zwei Klubs aus einer Stadt im Endspiel gegenüber. Da Real Madrid, die Königlichen, der große Favorit. Dort Atlético, der Arbeiterklub aus der spanischen Hauptstadt. Das Estádio da Luz in Lissabon war ein würdiger Schauplatz für dieses Spektakel.
Beide Teams konnten nicht in Bestbesetzung auflaufen. Real musste auf den gesperrten Xabi Alonso verzichten, Innenverteidiger Pepe saß angeschlagen auf der Bank. Das Trio Ronaldo-Benzema-Bale war indes mit dabei. Ebenso wie der Deutsche Sami Khedira, der erstmals seit seinem Kreuzbandriss in der ersten Elf stand. Bei Atlético überraschte Trainer Simeone mit Stürmerstar Diego Costa in der Startelf. Hatte sich die Behandlung seines lädierten Oberschenkels bei der serbischen "Wunderärztin" Mirjana Kovacevic gelohnt? Nein, schon nach neun Minuten musste der Angreifer runter, weil er doch nicht fit genug war. Arda Turan war nach seiner Beckenprellung nicht dabei.
Starkes Gegenpressing
Aber es waren nicht die prominenten Ausfälle, die große Momente lange vermissen ließen. Es waren die ähnlichen Spielanlagen beider Teams. Ballbesitz? Darauf legten beide nicht viel Wert. Bei Ballverlust energisch gegenpressen und bei Ballgewinn so schnell und direkt wie möglich in Richtung Tor spielen. Das war es, was die 65.000 Zuseher zu sehen bekamen. Und weil beide Teams dabei viel Disziplin an den Tag legten, war es jeweils ein haarsträubender Fehler, der die einzigen zwei Torchancen in Hälfte eins ermöglichten.
Auf Seiten Atléticos war es Tiago, der Reals Gareth Bale den Ball mit einem fürchterlichen Querpass genau in die Beine spielte. Glück für die Rot-Weißen, dass der Waliser nach seinem Sturmlauf in den Strafraum den Abschluss verhaute (32.).
Auf der anderen Seite dem Fehler von Iker Casillas eine Standardsituation vorausgegangen. Der Eckball von der rechten Seite wurde zunächst geklärt, dann aber im hohen Bogen wieder in den Strafraum befördert. Der fünffache Welttorhüter verschätzte sich und kam ohne Chance auf den Ball aus seinem Tor. Diego Godin gewann das Kopfballduell mit Khedira und traf über Casillas hinweg zum 0:1 (36.).
Gefährlicher Ronaldo
In der Schlussphase ging bei Atlético die Ordnung verloren. Real drückte – und wurde belohnt. Einen perfekten Eckball von Modric köpfelte Ramos ins Eck. Warum besetzt Atlético in der 93. Minute nicht beide Stangen, Herr Simeone? Der Atlético-Coach musste mit seinen erschöpften Schäfchen in die Verlängerung. Und wurde doppelt bestraft. Angel di Maria war es, den die Rojiblancos erneut nicht in den Griff bekamen. Der Argentinier dribbelte in den Strafraum und zog ab, im dritten Versuch war Bale zur Stelle und verwertete den Abpraller zum 2:1 (110.). Acht Minuten später setzte Marcelo noch einen drauf und Ronaldo aus einem Foulelfer den 4:1-Schlusspunkt (120.).
Erstmals wurde damit ein Champions-League-Finale in einer Verlängerung entschieden.
Lissabon, Estadio da Luz, 61.000 (ausverkauft), SR Björn Kuipers (NED)
Tore:
0:1 (36.) Godin
1:1 (90.+3) Ramos
2:1 (110.) Bale
3:1 (118.) Marcelo
4:1 (120.) C. Ronaldo (Elfmeter)
Real: Casillas - Carvajal, Varane, Ramos, Coentrao (59. Marcelo) - Modric, Khedira (59. Isco), Di Maria - Bale, Benzema (79. Morata), C. Ronaldo
Atlético: Courtois - Juanfran, Miranda, Godin, Filipe Luis (83. Alderweireld) - Raul Garcia (66. Sosa), Tiago, Gabi, Koke - Costa (9. A. Lopez), Villa
Gelbe Karten: Ramos, Khedira, C. Ronaldo, Varane bzw. Raul Garcia, Miranda, Villa, Juanfran, Koke, Gabi, Godin
Sergio Ramos (Real Madrid/Schütze zum 1:1): "Wir sind alle Helden. Das Tor gehört nicht nur mir, es gehört allen Real-Fans. Wir haben auf diesen Moment lange gewartet, jetzt können wir ihn genießen."
Gabi (Kapitän Atletico Madrid): "Real war in der Verlängerung besser. Wir waren ganz nahe am Sieg. Wir haben hart dafür gekämpft, aber jetzt müssen wir Real gratulieren."
Atlético-Trainer Simeone hat einen Stürmer nach rasanter Wunderheilung mittels Pferde-Placenta im Champions-League-Finale eingesetzt. Es war offensichtlich Kicker-Placebo, weil Diego Costa schon nach acht Minuten vom Feld musste. Der Trainer ging ein Risiko ein und muss auch die Folgen tragen. Er konnte am Ende einen frischen Spieler weniger bringen.
Real-Trainer Ancelotti setzte auf Sami Khedira, obwohl der nach Kreuzbandriss und einem halben Jahr Pause nur zwei Kurzeinsätze hatte. Und Ancelotti leistete sich in der Champions League und im Cup einen Einser-Tormann, der offensichtlich in der Meisterschaft nicht gut genug ist. Dort drückte Iker Casillas nur die Bank. Er und Khedira machten vor dem entscheidenden Treffer auch die Fehler. Casillas war der einzige Real-Spieler, der schon 2002 dabei war. Damals als Real zum letzten Mal die Champions League gewonnen hat. Aber mit Isco für Khedira brachte Ancelotti frischen Schwung. Auch das gibt Diskussionsstoff für tausende von Möchtegern-Trainer. Die gibt es nicht nur in Spanien, sondern auch in Österreich.
Die WM kann kommen.