Sport/Fußball

Legionär in Südafrika: Kicken und Lernen fürs Leben

England, die Premier League. Oder doch die Deutsche Bundesliga? Träume geistern viele herum in den Köpfen junger Fußballer. Nicht alle lassen sich realisieren. Roland Putsche hat sein Glück jedenfalls gefunden. Und das in Südafrika.

"Ich kann mir im Moment nichts Besseres vorstellen", sagt der 25-jährige Kärntner aus Griffen. Nach sieben Jahren im Profifußball in Österreich bei Austria Kärnten und dem Wolfsberger AC hat der Mittelfeldspieler diesen Sommer seine sieben Sachen gepackt. Gelandet ist er in Kapstadt.

Warum in Südafrika? Zwei Mal war er in der letzten Jahren schon dort auf Urlaub, dabei lernte er den Deutschen Bernd Steinhage kennen, der in Kapstadt die Young Bafana Soccer Academy gegründet hat. Nach Auslaufen seines Vertrags beim WAC war im Juni der Zeitpunkt für Roland Putsche gekommen.

"Ich habe beschlossen, dass ich einen neuen Schritt machen und Erfahrungen sammeln will, die mir im späteren Leben keiner mehr nehmen kann." Dazu gehören auch perfekte Englisch-Kenntnisse, die er sich nun aneignen wird.

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Ein wenig vorgesorgt hatte er als Bundesliga-Profi in Österreich. Das war auch nötig, denn fixiert war vor dem Abschied aus der Heimat nur sein Posten als Nachwuchs-Trainer in der Akademie seines Freundes, den er ehrenamtlich ausübt. "Ich will dafür kein Geld haben. Alles, was ihnen zu Verfügung steht, sollen sie für die Kinder ausgeben." Die kommen aus den Townships, den Armenvierteln der Stadt. "Die Kinder haben nichts."

Die Karriere mit 25 Jahren zu beenden, war aber nicht Roland Putsches Plan. "Ein gewisses Risiko war schon dabei", gibt der Mittelfeldspieler zu. "Aber da war schon ein Plan dahinter, und im Nachhinein hätte es nicht besser laufen können."

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Wie der Plan ausgesehen hat? Noch in Österreich vereinbarte er ein Probetraining beim neuen Profi-Klub in Kapstadt, dem Cape Town City FC. Der Besitzer des Vereins hat die Lizenz von den Mpumalanga Black Aces aus dem Norden Südafrikas gekauft. In Kapstadt gibt es nun neben Ajax Cape Town noch einen zweiten Profiklub. Mit einem Österreicher im Mittelfeld.

"Schon am zweiten Tag meines Probetrainings wurde ich aus der Kraftkammer abgeholt und direkt ins Büro des Klubs geführt, wo ich einen Zweijahresvertrag unterschrieben habe." Seine Wohnung wird jetzt vom Verein bezahlt, auch ein Auto bekommt er demnächst zu Verfügung gestellt. Der Plan ist also aufgegangen. "No risk, no fun – der Spruch hat bei mir richtig zugetroffen."

Nichts als ein Ball

Für das Training mit den Kindern der Young Bafana Academy hat er jetzt nur noch ein bis zwei Mal pro Woche Zeit. Aufgeben will er seinen selbstlosen Nebenjob aber nicht. "Selbstlos würd’ ich nicht sagen. In Österreich sind die Zeiten vorbei, wo Kinder in der Freizeit nur gekickt haben. Hier haben sie nichts anderes als den Ball, und sie haben alle Sterne in den Augen, weil sie wissen, dass ich bei Cape Town City spiele. Mit denen zu arbeiten, ist keine verlorene Zeit."

Der Fußball in Südafrika sei jedoch ganz anders als in Österreich – bei den Kindern in der Akademie ebenso wie bei den Profis. "Jeder kann dribbeln, ist aber ein bisserl lässig. Ich probier’, das Europäische einzuimpfen."

Die Begeisterung für den neuen Verein in Kapstadt ist groß. Gespielt wird im Cape Town Stadium, das für die WM 2010 errichtet wurde und 65.000 Fans fasste. Heute wird es nur noch für 40.000 geöffnet. Zum Auftakt der Premier Soccer League gewann Putsche am Dienstagabend mit seinem neuen Klub gegen den Polokwane City FC mit 2:0 und kam dabei ab der 72. Minute zum Einsatz.

Am Freitag folgt ein Cup-Spiel zu Hause gegen Rekordmeister Kaizer Chiefs aus Johannesburg. "Da wird das Stadion vermutlich ausverkauft sein." 60 Rand, also vier Euro, kostet ein Ticket in jenem Land, in dem das monatliche Durchschnittseinkommen von weißen (10.000 Rand) und dunkelhäutigen Menschen (2400) noch weit auseinanderliegt.

"Es gibt hier keine Mittelschicht", hat auch Putsche schon festgestellt. "Das bekommt man zu sehen, wenn man aus der wunderschönen Stadt etwas hinausfährt in die Townships." Auch diese Erfahrung will Putsche nicht missen, der in Klagenfurt neben der Fußball-Akademie die vierjährige Sport-Handelsschule abgeschlossen hat. "Ich merke, wie es mich jetzt schon prägt. Man lernt hier gewisse Dinge einfach viel mehr zu schätzen, die wir in Österreich als selbstverständlich betrachten. Für die persönliche Weiterentwicklung ist das unbezahlbar."