Frauen-EM: Das Sommermärchen im Rückblick
Man mag Dominik Thalhammer nicht widersprechen. "Es ist schon gewaltig, was bewegt worden ist", sagte der Teamchef des österreichischen Frauen-Nationalteams nach der Halbfinalniederlage seiner Mannschaft gegen Dänemark. Die Euphorie, die dem Nationalteam in seiner Heimat entgegengebracht wurde, stellte einen Meilenstein in der Geschichte des österreichischen Frauenfußballs dar. 12.000 Zuseher sahen das Spiel gegen die Däninnen live beim Public Viewing am Rathausplatz - kaum weniger als bei der ersten EM-Partie des Herren-Nationalteams gegen Ungarn vor einem Jahr: Damals waren 13.400 Zuschauer zugegen gewesen.
Dabei hatte ÖFB-Sportdirektor Willibald Ruttensteiner vor dem Turnier noch verlautbart, dass jeder Punktgewinn eine Sensation wäre. Bei einem Punktgewinn sollte es nicht bleiben: Ganze sieben Zähler sammelte die Nationalmannschaft während der Gruppenphase, mit zwei Siegen und einem Unentschieden übertraf das Team alle Erwartungen. Eine Sensationsmannschaft war geboren.
Auftaktsieg gegen die Schweiz
"Wir wollen den österreichischen Fußball, insbesondere den Frauenfußball, gut vertreten", sagte Thalhammer vor dem Premierespiel der Österreicherinnen gegen die Schweiz - ein Unterfangen, dass dem Team ohne Zweifel gelang: Ohne die von einer Knieverletzung genesene Kapitänin Viktoria Schnaderbeck starteten die ÖFB-Frauen in ihre erste Partie bei einem Großereignis. Nach etwas mehr als einer Viertelstunde begann die Sensation ihren Lauf zu nehmen: Nina Burger erzielte nach Vorarbeit von Laura Feiersinger und Sarah Zadrazil das 1:0.
Österreich schockt den Favoriten
Vor der zweiten Partie gegen den überlegenen Favoriten Frankreich, der sämtliche EM-Qualifikationsspiele zu null gewonnen hatte, versuchten Thalhammer und Burger, die Erwartungen im Zaum zu halten: Ersterer nannte die Französinnen im Vergleich mit der Schweiz "spielerisch noch einmal zwei Stufen höher", Letztere bezeichnete den Gegner als "harten Brocken".
Galaauftritt gegen Island
Das dritte Spiel der Gruppenphase war für Österreich schon beinahe ein Schaulaufen. Ein Punkt genügte, um beim erstmaligen EM-Antritt ins Viertelfinale einzuziehen. Und die Österreicherinnen starteten erfolgreich in die Begegnung - nach einem Patzer der isländischen Torfrau stand Sarah Zadrazil genau richtig, schob den Ball zum 1:0 in die Maschen. Nina Burger doppelte noch vor der Pause nach, einen Eckball von Sarah Puntigam drückte sie im Getümmel per Kopf über die Linie.
Viertelfinal-Krimi gegen Spanien
Im Viertelfinale lauerte mit Spanien eine Weltklassemannschaft. Aber die favorisierten Spanierinnen spürten den Druck - die Österreicherinnen gingen befreit und voller Vorfreude in die Partie. Das zeigte sich über 90 Minuten - die Spanierinnen waren bemüht, aber Österreich lauerte auf Konter und ließ in der Defensive wenig zu. Schmerzlich war der Ausfall von Lisa Makas - die Angreiferin erlitt ohne Fremdeinwirkung einen Kreuzbandriss. Sie hatte gerade erst eine 18-monatige Verletzungspause hinter sich.
Im Halbfinale fehlt das Glück
Die Sensation des Turniers - im Halbfinale trifft Debütant Österreich auf Deutschland-Bezwinger Dänemark. Und es war das erwartet schwere Spiel. Die Däninnen hielten - als erste Mannschaft im Turnier - dem österreichischen Pressing nicht nur stand, sie antworteten sogar mit noch mehr Druck. Und trotzdem hatte Österreich nach nur zwölf Minuten die große Chance. Nach einem Handspiel im Strafraum entschied die Schiedsrichterin auf Elfmeter für Österreich.
Hier machte sich die Erfahrung der Däninnen dann doch bemerkbar. Laura Feiersinger, Verena Aschauer und Viktoria Pinther verschießen - auch, dass Zinsberger einen Strafstoß hält, hilft hier nicht mehr. Mit 3:0 setzen sich die Däninnen im Elfmeterschießen durch - das österreichische Sommermärchen war zu Ende.
Die Enttäuschung sitzt tief
"Es überwiegt die Enttäuschung, denn so oft hat man nicht die Chance, dass man in ein Finale einzieht", gestand Mittelfeldspielerin Sarah Zadrazil. Von Burger war Ähnliches zu hören: "Es war kein übermächtiger Gegner, es ist bitter, dass es so knapp war, das macht es noch schlimmer." Eines war aber für beide klar, die EM könne man erhobenen Hauptes verlassen. So schwer die Enttäuschung auch wog - der Stolz wog schwerer.
"Das war ein historischer Erfolg heute", sagte Dominik Thalhammer nach dem ersten Spiel des Nationalteams gegen die Schweiz. Nach dem letzten Match der Österreicherinnen gegen Dänemark verkündete er: "Was jede Einzelne hier geleistet hat, das war phänomenal. Da muss man stolz sein." Auch hier mag man ihm nicht widersprechen.