Sport/Fußball

Nach Flick-Aus beim DFB: Viele Namen, viel Ratlosigkeit

Es handelte sich um einen Irrtum. „Ich finde, wir machen es gut, und ich bin der richtige Trainer.“ Mit dieser Meinung, unmittelbar nach dem 1:4 gegen Japan am Samstag geäußert, stand Hansi Flick allein da. Ganz allein.

➤ Es hat sich alles abgezeichnet

Am Sonntag durfte Teamchef Flick in Wolfsburg noch das öffentliche Training leiten. Das Trainerteam spulte das Programm für die Reservisten ab wie an jedem anderen Tag.  Am Nachmittag trennte sich der Deutsche Fußballbund (DFB) mit sofortiger Wirkung vom Teamchef. „Wir brauchen mit Blick auf die Europameisterschaft im eigenen Land eine Aufbruchstimmung und Zuversicht“, sagte Verbandschef  Bernd Neuendorf.

Mit acht Siegen war Flick ein Rekordstart als Bundestrainer gelungen. In den weiteren 17 Partien gab es nur vier Erfolge, aber sechs Niederlagen und das Vorrunden-Aus bei der WM in Katar.  Die Niederlage gegen Japan war die dritte in Folge –  eine schwarze Serie, die es in Deutschland zuletzt vor 40 Jahren gegeben hat. „Das Japan-Spiel hat uns klar gezeigt, dass wir in dieser Konstellation nicht mehr weiterkommen“, sagte Sportdirektor Rudi Völler.

Franzosen warten

Am Dienstag spielt Deutschland den nächsten Test und empfängt Frankreich (21.00 Uhr/ARD). In Dortmund wird Sportdirektor Rudi Völler auf der Bank sitzen, gemeinsam mit dem DFB-Sportdirektor für Nachwuchs, Hannes Wolf und Ex-Profi Sandro Wagner.  Der 63-jährige Völler ist damit 19 Jahre nach seinem Rücktritt wieder Teamchef: „Jetzt müssen wir verantwortlich handeln, müssen wir etwas verändern, um bei der EM im eigenen Land die anspruchsvolle und ambitionierte Gastgeber-Rolle spielen zu können, die wir uns alle erhoffen. Das ist es, was die Fans zurecht von uns erwarten.“

Völler  teilte aber mit, dass seine und Flicks Nachfolge  „möglichst zeitnah“ geregelt werden soll.  Die Bild-Zeitung ließ auf ihrer Internet-Seite über den kommenden Teamchef abstimmen. Noch vor dem Aus von Flick hatten schon 400.000 User mitgemacht und überraschend mehrheitlich für Matthias Sammer gestimmt.

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Glasner ist ein Thema

Der 56-Jährige hielt am frühen Nachmittag bei 35 Prozent vor Nagelsmann mit 29 Prozent und Oliver Glasner. Frankfurts ehemaliger Erfolgstrainer lag mit 12 Prozent vor van Gaal und Völler. Die Bild nannte insgesamt zehn Kandidaten, meist die üblichen Verdächtigen wie Nagelsmann, Klopp, Klinsmann, Matthäus. In der Geschichte des DFB kamen noch alle Teamchefs aus Deutschland. In der Liste gibt es aber drei Ausländer: Louis van Gaal, Zinedine Zidane und – welche Ehre – Oliver Glasner. Die deutschen Medien legten sich aber fest, dass Julian Nagelsmann der Favorit sei. Wie sein Vorgänger war er zuvor bei Bayern. Der 36-Jährige steht beim Rekordmeister sogar noch unter Vertrag.

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Teamgeist fehlt

Im Reigen der Ex-Kicker, die als sogenannte Experten teils recht originell auftreten, stand Stefan Effenberg mit seinem Vorschlag alleine da – Felix Magath.
Neun Monate vor Beginn der Europameisterschaft in Deutschland ist beim Veranstalter Feuer am Dach. Effenberg sagte, „dass der Trainer die Mannschaft nicht mehr erreicht, dass gehandelt werden muss und dementsprechend auch ein neuer Trainer kommen muss“. Matthäus erklärte: „Diesen ganzen Ballbesitzfußball kannst du in die Mülltonne klappen.“

Mario Basler nahm den entlassenen Teamchef sogar in Schutz. Der ehemalige Teamspieler nahm die Spieler in die Pflicht und fragte: „Wenn du elf Blinde auf dem Platz hast, was soll denn ein Trainer dann machen?“ Emre Can nannte er „arrogant und völlig überheblich“, den neuen Kapitän Ilkay Gündogan habe er „die letzten 15 Spiele in der Nationalmannschaft gar nicht gesehen“.
Ex-Profi Patrick Helmes mahnte Geschlossenheit ein und erinnerte daran, dass Fußball ein Teamsport ist. Der ehemalige Stürmer sagte: „Es steht aktuell keine Mannschaft auf dem Platz.“