Sport/Fußball

Droge Fußball

Shaun ist von den Drogen weg. Endlich. Er sieht gar nicht aus wie ein harter Bruder. Aber er war es. "For sure."

Shaun ist Engländer und hat in seiner Heimat 30 Jahre als Polizist gearbeitet. Er hat sich hochgearbeitet in die Sondereinheit für – eigentlich gegen – Drogenkriminalität. Vielleicht klingt sein Danke auf Polnisch deswegen so komisch, mehr nach "Junkie" als nach "Dschenkie". Shaun ist 54 Jahre jung und seit einem Jahr in Pension. Das ist kein Eisenbahner-Schmäh? "No", entrüstet sich Shaun. "Wenn du bei uns in Großbritannien 30 Jahre lang als Polizist arbeitest, hast du Anspruch auf die volle Pension", erklärt er.

Jeder Tag mehr Arbeit schlägt sich bei späterem Pensionsantritt nicht in Pfunden nieder. Also machte Shaun Schluss mit den Drogen und begann ein neues Leben. "Solange ich mich wohlfühle und nicht zu alt bin, will ich mein Leben noch genießen." Letztes Jahr war er mit seiner Frau in den USA, dieses Jahr in Spanien. So hat er sich auch sein "Yes" verdient für eine fußballerische Herrlichkeit.

Shaun reist mit seinen Freunden Brian und Bill durch Polen, um etwas EM-Flair zu genießen und sich das eine oder andere Spiel anzuschauen. Ganz freundschaftlich mit seinen zwei besten Freunden.

"So etwas stand auf unserer To-do-Liste ganz oben", sagt Brian. Er ist 65 und pensionierter Schuldirektor. Nur Bill, der Arme, ist mit 57 Jahren der Working-class-Hero des fidelen Trios: Er ist noch immer praktizierender Buchhalter.

Die Spiele haben sie bei der EM vor Ort bisher nur in Pubs gesehen. Nicht, weil sie ein Übermaß an billigem polnischen Bier am Stadionbesuch gehindert hätte – obwohl sie dem einen oder anderen Pint nicht abgeneigt sind. Nein, sie bekommen an den Kassen keine Karten für die Spiele. Auch wenn man in den TV-Übertragungen freie Sitze sieht. Und Schwarzhändlern trauen sie nicht über den Weg. Vor allem Shaun legt dabei berufsbedingte Skepsis an den Tag.

Das war in Breslau so, wo sie gelandet sind. Das war in Posen so. Und das wird wohl auch in Danzig so sein, wo sie hin wollen.

Die drei kommen aus einer kleinen Ortschaft bei Middlesbrough. Und was verbindet der gemeine Middlesbrough-Fan mit Austria? Da klingelt doch was. "Pogatetz", sagt Brian nach einer Weile. "Der mad dog, der wilde Hund. Kein großartiger Techniker und Fußballer, aber einer mit viel Herz. Wir haben ihn geliebt."

Vielleicht sehen sie ihn in vier Jahren ja wieder. Die drei haben sich schon vorgenommen, nach Frankreich zu fahren. Das will wohl Pogatetz mit dem österreichischen Team auch, aber nicht nur als Zuschauer.

Wenn er mit seinen dann 33 Jahren noch nicht in Pension gegangen ist.