Kampf der Fußball-Winterdepression
Von Alexander Huber
Ein Punkt aus zwei Spielen. Klingt nach einem Fehlstart für einen Spitzenklub. Zum Vergleich: Abstiegskandidat Wiener Neustadt hält bei vier Punkten. Das Wort „Krisenduell“ liegt nahe vor dem morgigen Schlagerspiel Rapid gegen Sturm (20.30 Uhr).
Es wäre aber fehl am Platz. Im Fußball zählen zwar die Punkte, es geht aber auch um Emotionen. Während in Graz nach den schwachen Darbietungen gegen Mattersburg (0:0) und WAC (1:3) am Montag eine Aussprache von Manager Goldbrich mit der sportlichen Leitung angesetzt wurde, fühlen sich die Rapidler nach dem 3:3 in Salzburg gestärkt. Seit der Bestellung von Sportdirektor Schulte ist die Stimmung im Verein wesentlich besser, Sabitzer sorgte mit seinem späten Ausgleich bei Meister Salzburg dafür, dass es auch so bleibt.
Stilfragen
Es scheint, als wäre im Winter beim Dritten und beim Vierten der Liga einiges in die entgegengesetzte Richtung gelaufen. Bei „Sturm neu“ ist die Freude über den Offensivfußball unter Hyballa verpufft. Der Trainer zieht seinen Umbau ohne Rücksicht auf Verluste durch, von den Routiniers zählen nur noch Säumel (sofern er fit ist) und Dudic zum Stamm. Mit seinem konfrontativen Führungsstil sorgt der Fußball-Lehrer – bewusst oder unbewusst – für ständige Reibereien mit der Mannschaft.
In Hütteldorf wird das im Herbst fehlende Wir-Gefühl beschworen, das nicht nur durch den neu gebildeten Kreis der Kicker vor Spielbeginn sichtbar wird. „Wir haben die besten Teams der Liga auch in Unterzahl voll gefordert. Wir sind frischer und körperlich richtig gut drauf. Wenn die Ausschlüsse nicht zur Gewohnheit werden, kommen jetzt auch die Siege“, kündigt Schöttel an. Der Cheftrainer wirkt gelöst und angriffslustiger, seit er mit Schulte einen Unterstützer an seiner Seite hat.
In Graz brachte ein Personalwechsel (noch) nicht die gewünschte Wirkung: Tumani wurde vom Hyballa-Assistenten zum sportlichen Geschäftsführer befördert und damit zum Vorgesetzten des Deutschen. Wer die Chefrolle aber wirklich ausfüllt, wurde klar, als Goldbrich nach dem 1:3 gegen den WAC erklärte: „Ich möchte eine genaue Analyse vom Trainer und vom Sportdirektor hören. Wir haben andere Ansprüche.“
Der gelernte Innenverteidiger Schulte meinte nach dem 3:3 hingegen: „Die Fehler in der Defensive wird Schöttel mit seinem Team in Ruhe besprechen. Ich ziehe nur den Hut vor der Moral der Spieler.“ Noch auf der Heimfahrt bastelte Schöttel ein Video, das den Spielern Montagfrüh präsentiert wurde. „Es gab mehr positive und negative Szenen zu zeigen als üblich“, sagt Schöttel, der sich heute dem richtungsweisenden Sturm-Spiel widmet: „Krisensitzung hin oder her – das ist eine gute Mannschaft. Wir werden wieder Leidenschaft zeigen.“