Sport/Fußball-WM

Last-Minute-Sieg gegen Schweden: Deutschland im Glück

Mit einer gehörigen Portion Glück hat Deutschland bei der Fußball-WM in Schweden die realistische Chance auf das Achtelfinale am Leben erhalten. Der Titelverteidiger gewann am Samstag in Sotschi gegen Schweden dank eines Treffers von Toni Kroos in der 95. Minute mit 2:1 und hält damit in Gruppe F so wie die Skandinavier bei drei Punkten.

Deren abschließender Gegner Mexiko holte bisher sechs Zählern, auf Deutschland wartet nun das punktlose Südkorea. Alle vier Mannschaften können theoretisch noch aufsteigen beziehungsweise ausscheiden.

Ola Toivonen brachte den Außenseiter in der 32. Minute in Führung. Deutschland schaffte den Ausgleich durch Marco Reus in der 48. Minute, verlor in der 82. Minute Jerome Boateng mit Gelb-Rot und zitterte sich trotzdem noch zum Sieg. Bei einem Unentschieden wäre das erste Deutsche Out überhaupt in einer WM-Gruppenphase wahrscheinlich gewesen, nun sollte ein souveräner Sieg über Südkorea reichen.

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Der Belagerung folgte der Schock

Dabei hatte es zunächst nicht nach einem Zittersieg ausgesehen. Der vierfache Weltmeister, bei dem Mats Hummel verletzt ausfiel und Mesut Özil sowie Sami Khedira auf die Bank degradiert wurden, begann äußerst druckvoll. Das DFB-Team schnürte die Schweden in deren Strafraum ein und wurde erstmals nach zwei Minuten gefährlich, als ein Schuss aus kurzer Distanz von Julian Draxler durch Sebastian Larsson abgeblockt wurde. Sechs Minuten später verfehlte Draxler das Tor aus spitzem Winkel nur relativ knapp.

Schön langsam aber befreiten sich die Skandinavier aus der Umklammerung und legten dabei die schon gegen Mexiko zu beobachtende Konteranfälligkeit der Deutschen offen. In der 13. Minute zog Marcus Berg allein aufs Tor und wurde beim Schussversuch von Jerome Boateng zu Fall gebracht - die Deutschen hatten Glück, dass dieser Aktion kein Elfmeterpfiff folgte.

Um den Spielfluss des Weltmeisters war es jedoch vorerst geschehen, und kurz nachdem Sebastian Rudy wegen einer Nasenverletzung den Platz verlassen hatte, schlug Schweden zu. Toni Kroos leistete sich einen kapitalen Fehlpass, Toivonen nahm eine Flanke von Victor Claesson mit der Brust mit und schupfte den Ball über DFB-Goalie Manuel Neuer ins Tor. Der Torschütze hatte in der vergangenen Saison in 23 Liga-Partien für seinen Klub Toulouse keinen einzigen Treffer erzielt.

Während danach Schwedens Keeper Robin Olsen eine Doppelchance von Ilkay Gündogan und Thomas Müller vereitelte (39.), verhinderte Neuer kurz vor der Pause bei einem Kopfball von Berg einen höheren Rückstand des Favoriten.

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Dauerdruck

Nach dem Wiederanpfiff lief die Partie dann wie auf einer schiefen Ebene in Richtung schwedisches Tor. Die Deutschen erzeugten Dauerdruck und wurden dafür erstmals in der 48. Minute belohnt. Timo Werner brachte den Ball zur Mitte, der eingewechselte Mario Gomez verlängerte unfreiwillig und Reus bugsierte das Spielgerät mit dem Knie ins Tor.

Es folgten deutsche Chancen praktisch im Minutentakt: Ein Müller-Kopfball flog neben das Tor (51.), Hector konnte Olsen nicht überwinden (56.) und Reus misslang am Fünfer nach Pass von Joshua Kimmich ein Fersler-Versuch (61.).

Retter Kroos

Mit Fortdauer der Partie brachten die Schweden wieder mehr Ruhe in die Partie, und bei den Deutschen begannen die Nerven zu flattern - Boateng sah in der 82. Minute nach wiederholtem Foulspiel Gelb-Rot. In Unterzahl setzte die DFB-Auswahl zu einer letzten verzweifelten Offensive an: In der 87. Minute drehte Olsen einen Gomez-Kopfball über die Latte, in der 92. Minute landete ein Schuss von Julian Brandt an der Stange. Und dann kam die 95. Minute. Kross schlenzte einen kurz abgespielten und von Reus gestoppten Freistoß ins lange Eck.

Damit verpassten es die Skandinavier, ihren Ruf als Favoritenschreck zu untermauern. In der WM-Qualifikation ließen sie die Niederlande hinter sich, im Play-off hatte Italien das Nachsehen - Deutschland den entscheidenden Schlag zu versetzen, gelang aber nicht.

So kommt Deutschland ins Achtelfinale:

Deutschland erreicht das Achtelfinale...

- wenn das DFB-Team mit mindestens zwei Toren Unterschied gegen Südkorea gewinnt.

- wenn das DFB-Team gegen Südkorea gewinnt und Schweden nicht gegen Mexiko gewinnt.

- wenn das DFB-Team gegen Südkorea gewinnt, Schweden gegen Mexiko gewinnt, und Deutschland bei gleicher Tordifferenz der Teams nicht die wenigsten geschossenen Tore hat.

- wenn das DFB-Team gegen Südkorea unentschieden spielt und Schweden gegen Mexiko verliert.

- wenn das DFB-Team gegen Südkorea unentschieden spielt und Schweden ebenfalls ein Remis gegen Mexiko erzielt. Dann muss Deutschland mehr oder gleich viele Tore bei seinem Unentschieden erzielen als Schweden.

- wenn das DFB-Team gegen Südkorea verliert und Schweden gegen Mexiko verliert. Dafür müsste Deutschland hoffen, dass Schweden mit dem gleichen Ergebnis verliert wie das DFB-Team gegen Südkorea. Dann käme es zum Dreiervergleich zwischen Deutschland, Schweden und Südkorea. In diesem hätte Deutschland entweder die meisten geschossenen Tore und wäre weiter. Oder wenn jeweils beide Spiele 1:0 ausgehen, wäre Südkorea aus dem Dreiervergleich eliminiert und Deutschland hätte den anschließenden direkten Vergleich mit Schweden gewonnen.