Froome stürzt und bleibt dennoch vorn
Von Stefan Sigwarth
Auch auf der vorletzten Alpenetappe von Albertville nach St-Gervais dominierte das Team Sky um den Gesamtführenden Christopher Froome. Ein Sturz auf nasser Fahrbahn in der Anfahrt zum Schlussanstieg hinauf nach St-Gervais Mont Blanc bescherte dem Briten am Freitag ein zerrissenes Trikot, Schürfwunden am Rücken, Schmerzen und ein kaputtes Rad; mangels Zeit musste der Liebhaber ovaler Kettenblätter auf das ungewohnte Arbeitsgerät seines Teamkollegen Geraint Thomas mit dem ungeliebten runden Blättern umsteigen. Und dennoch wahrte er beim Sieg des Franzosen Romain Bardet seinen Vier-Minuten-Vorsprung.
Zum letzten Mal geht es am Samstag in die Berge, über 146,5 Kilometer von Megève nach Morzine. Es ist die letzte Chance für die Konkurrenz. Denn am Sonntag wird wie seit 1990 üblich eine Friedensetappe absolviert – das Gelbe Trikot wird nicht attackiert, dafür prosten die Besten einander auf den 113 Kilometern von Chantilly nach Paris mit Champagner zu. Und Hunderttausende werden wieder auf einen spektakulären Massensprint hoffen.
Das war nicht immer so – 1989 kam es am letzten Tour-Tag zu einem der spektakulärsten Umstürze der Radsportgeschichte.
Sekundenkrimi
Vor 27 Jahren verspielte Laurent Fignon auf der letzten Etappe am 23. Juli 50 Sekunden Vorsprung – Greg LeMond (USA), schon 1986 Tour-Sieger und heuer TV-Experte bei Eurosport, gewann noch vor dem Franzosen. Was heutzutage undenkbar scheint: Das Finale war damals ein Einzelzeitfahren, und in diesem war LeMond um 58 Sekunden schneller als Fignon; acht Sekunden entschieden.
Es war der kleinste Siegvorsprung in der Tour-Geschichte – den größten hatte 1903 bei der Premiere der Franzose Maurice Garin, der 2:59:21 Stunden vor Landsmann Lucien Portier lag.
Nach 1989 dachten die Organisatoren um – seither gab es nie mehr ein Einzelzeitfahren am letzten Tag. 1990 legten die Organisatoren die Prüfung auf die vorletzte Etappe – und wieder war Le Mond zur Stelle. Aus fünf Sekunden Rückstand gegenüber dem italienischen Führenden Claudio Chiapucci machte er 2:16 Minuten Vorsprung, das bescherte dem heute 55-Jährigen seinen dritten und letzten Tour-Sieg.
Zuletzt vergab der Luxemburger Andy Schleck einen Vorsprung vor dem Finale, doch auch 2011 wurde auf der vorletzten Etappe ein Einzelzeitfahren absolviert – und in diesem sicherte sich der Australier Cadel Evans noch das Gelbe Trikot, das er danach nach Paris brachte.
Derlei ist heuer unwahrscheinlich. Denn in den Bergen kann sich Chris Froome auf seine Helfer verlassen. Selbst wenn er einmal auf dem Asphalt landet.
Nicht mehr dabei ist hingegen der Niederländer Tom Dumoulin: Der Favorit auf die Goldmedaille beim olympischen Zeitfahren in Rio stürzte schwer und wurde mit Verdacht auf Handgelenksbruch ins Spital gebracht.