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Ex-Alkoholiker rast Richtung Tour-Sieg

Er war ganz oben. Er war ganz unten. Und jetzt nähert sich Bradley Wiggins seinem bisher größten Triumph: Der 32-jährige Brite hat am Montag im Einzelzeitfahren der Tour de France dem Gesamtzweiten Cadel Evans (Aus/BMC/6.) 1:43 Minuten aufgebrummt. Das ist eine kleine Welt. Und es ist ein angenehmes Polster für die nächsten Aufgaben.

Wiggins ist ein halber Landsmann des Vorjahressiegers Evans – sein Vater war Australier, und Gary Wiggins war auch Radsportler, er fuhr vor allem auf der Bahn. 1976 zog er nach England, lernte dort seine spätere Frau Linda kennen, und am 28. April 1980 machte Bradley das Paar zur Familie. Im belgischen Gent, wohin die Eltern übersiedelt waren. Das Glück währte nicht lange: Der Vater war ein aggressiver Alkoholiker. Scheidung 1982, Bradley und Linda gingen nach England, der Bub hatte die nächsten 14 Jahre keinen Kontakt zum Vater.

Gleichwohl zog es auch Bradley aufs Rad, und 2004 wurde er erstmals Olympiasieger auf der Bahn: in der Einerverfolgung.

Absturz

Schon damals lebte er mit seiner heutigen Frau Catherine zusammen, und er hoffte auf das große Geld ("wir hatten ja nur 1500 Pfund im Monat, das hat nie gereicht"). Statt Millionen gab es Promille: "Ich hatte mit 24 alles erreicht, da blieb mir nur noch das Bier. Ich war jeden Tag im Pub, ein Jahr lang, immer 12, 13 Pints." Erst die Geburt von Sohn Ben brachte 2005 Läuterung. "Ich habe sechs Kilo abgenommen und trainiert wie ein Besessener", erinnert sich Wiggins, heute bei 1,90 Metern 72 Kilo schwer.

Es folgte das Jahr 2008: Sein Vater wurde im Jänner in Australien bewusstlos, blutend und mit einem Schädeltrauma aufgefunden und starb, die Schuld wurde nie geklärt. Bradley verarbeitete seine Emotionen im Frühjahr in einer Autobiografie ("Auf der Jagd nach dem Ruhm") – und holte danach Olympia-Gold (Einer- und Teamverfolgung) und WM-Gold im Madison mit Mark Cavendish.

2009 wechselte er fix auf die Straße, wurde Vierter der Tour de France – und steht nun vor dem ersten Highlight des Jahres.

Das zweite soll bei Olympia folgen. In London.

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