Sport

Ein Leben für den Traum von Gold

Irgendwie", sagt Lara Vadlau an diesem Mittwochvormittag im "Dachboden" genannten Penthouse-Lokal des Wiener 25 Hours Hotel, "irgendwie hat sich das komisch angefühlt. Ich hatte ein richtig schlechtes Gewissen."

In Budapest war die 20-jährige Kärntnerin gerade, sie hat sich Urlaub gegönnt. "Den ersten überhaupt", sagt sie und fügt mit ungläubigem Blick an: "Ich hab’ eine Woche nichts getan. Nichts."

Nun muss man wissen, dass Lara Vadlau eigentlich nie nichts tut. Die Seglerin ist mit ihrer Partnerin Jolanta Ogar heuer Welt- und Europameisterin der 470er-Klasse geworden, dafür wurde das Duo kürzlich als Österreichs Mannschaft des Jahres ausgezeichnet. "Stillstand ist Rückschritt", ist ein Credo der beiden, 42 Stunden wird pro Woche trainiert, mindestens, "und wenn Leichtwind war, gehen wir danach noch zwei, drei Stunden in die Kraftkammer. Wenn Starkwind war, sind wir so fertig, dass wir daran nicht mehr denken brauchen."

Adventkalender

Jetzt und hier aber ist die Zeit nach dem Urlaub. "Natürlich hat sich der Urlaub gut angefühlt – aber nach drei, vier Tagen wollte ich wieder in die Kraftkammer. Oder Radlfahren." Und dann hat sie doch den Kampf gegen sich selbst gewonnen und einfach einmal nichts gemacht.

Der Müßiggang hat ein Ablaufdatum: Am 7. Dezember geht es wieder nach Rio de Janeiro, ins olympische Segelrevier, wo es im Sommer 2016 nur ein Ziel für Steuerfrau Vadlau und Vorschoterin Ogar gibt: Gold. Im Adventkalender sind hinter den Türchen keine Süßigkeiten versteckt, sondern Trainingseinheiten, Trainingseinheiten und: Trainingseinheiten.

"Wir waren gerade erst einen Monat lang dort, nun sind wir wieder bis 22. Dezember in Brasilien", sagt Lara Vadlau. "Obrigada" (zu Deutsch Danke) hat sie schon gelernt, "und Caipirinha", Vadlau grinst, denn für Partys bleibt ihr nun wirklich keine Zeit. "Ich brauch’ meine neun Stunden Schlaf, in Rio geh’ ich um neun ins Bett, und um sieben in der Früh geht das Training wieder los."

Einen speziellen Antrieb braucht sie nicht. Denn auch wenn sie und Ogar als Führende der Weltrangliste die Gejagten sind, "wir fühlen uns nicht als Weltmeister. Wir haben noch so viel Potenzial." Und dieses werden sie auch brauchen vor Rio de Janeiro, in der Guanabara Bay, wo es in eineinhalb Jahren um Gold geht und nur um Gold. "Es ist so schwierig, dort zu segeln, man fühlt sich als kompletter Anfänger. Die Wellen sind anders, die Strömungen höchst kompliziert, wir müssen unser ganzes Konzept umstellen. Jeden Tag kommen wir auf etwas Neues drauf – in diesem Revier kann man gar nie auslernen."

Apropos neu: Seit Mittwoch gehört Vadlau wie Leichtathlet Andreas Vojta, Triathletin Lisa Perterer, Ruderin Magdalena Lobnig und Tennis-Ass Jürgen Melzer zum neuen "Team Isostar", bei dem der frühere Marathonläufer Michael Buchleitner federführend wirkt. Die Athleten bekommen neben Sachleistungen auch finanzielle Unterstützung.

Die kann auch Lara Vadlau gut brauchen, ihr Sport ist teuer und bringt gerade so viel, dass es sich die 20-Jährige leisten kann, ein Sportlerleben zu führen. Für mehr bräuchte es große Sponsoren, doch die stehen nicht Schlange. "In Neuseeland bin ich viel bekannter als in Österreich. Wenn dort einer Vadlau sagt, kommen die Leute, fast wie Groupies. Das ist so, wie es in Österreich bei Anna Fenninger ist. Aber Neuseeland ist eine Segelnation. Österreich ist eine Skination."

Darum denkt sie auch schon an die Zeit nach dem Sport. Seit 2013 studiert sie an der Fern-Uni im deutschen Hagen Psychologie, angesichts von 280 Reisetagen im Jahr reicht die Zeit nur für wenige Prüfungen. Nach der Karriere soll ein Medizinstudium folgen. "Davon träum’ ich, seit ich sprechen kann", sagt sie. Das Fernziel ist so klar wie die sportlichen: "Ich will Kinderärztin werden."

Lara Vadlau, 20, ist die Steuerfrau im weltweit besten Damen-470er dieses Jahres. Mit WM-Silber im Optimist hatte die 1,67 Meter große Kärntnerin 2007 erstmals aufgezeigt, 2010 gewann sie die Olympischen Jugendspiele der Byte-CII-Klasse. Seit letztem Herbst ist sie mit Jolanta Ogar, 32, unterwegs. Die gebürtige Polin ist 1,78 Meter groß und wurde im Juni des heurigen Jahres eingebürgert, seither hat das Duo sowohl bei der Europameisterschaft vor Athen als auch bei der Weltmeisterschaft im spanischen Santander die Goldmedaille gewonnen.

Gemeinsam wurden Vadlau und Ogar zu Österreichs Mannschaft des Jahres gewählt.