Sport

Die Macht im Sport ist Putins Ziel

Das von Wladimir Putin geschaffene Russland ist bei weitem kein demokratischer Rechtsstaat westlicher Prägung. Der sportbegeisterte Staatsmann – er wurde im Judo Stadtmeister in St. Petersburg – will aber vor allem mit Sport-Großveranstaltungen das Image Russlands verbessern. Und scheut dafür keine Mühen und vor allem keine Geldmittel.

Doch Putin wedelt nicht nur mit Dollar-Scheinen in der Sportwelt herum. Er hat sich mithilfe seiner politischen Spitzenleuten und milliardenschweren Oligarchen ein weltweites Netz aufgebaut – deshalb wird er von vielen als einer der einflussreichsten Spieler im Weltsport gesehen.

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Chef des russischen olympischen Komitees ist der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident Schukow, der in der russischen Sport-Hierarchie über Sportminister Mutko steht. Der wiederum sitzt aber im FIFA-Exekutivkomitee und ist dort für die internationale Fußballpolitik zuständig.

Oligarch Usmanow, laut Forbes reichster Russe (17,6 Milliarden Dollar Vermögen), ist Chef des internationalen Fechtverbandes. Oligarch Lisin (Forbes: 14,1 Milliarden) will an die Spitze des Schützen-Weltverbandes. Oligarch Makarow (laut Forbes „nur“ 1,9 Milliarden Dollar schwer) hat bei der Wahl zum Chef des Rad-Weltverbandes mitgemischt. Er hat den Briten Brian Cooksen unterstützt, der Präsident McQuaid gestürzt hat. Cooksen sag: „Oligarchen nehmen sich des Sports an, in jedem olympischen Sport gibt es inzwischen einen von ihnen. Damit muss man klarkommen.“ Und wenn es um den olympischen Erhalt einer Traditionssportart wie Ringen geht, dann ist es eben Putin selbst, der den globalen Widerstand organisiert.

Großveranstalter

Putin greift nicht immer nach dem ganz Großen. Praktisch zum Drüberstreuen holte er die Weltmeisterschaften in der Leichtathletik (2013), im Schwimmen (2015) und Eishockey (2016) nach Russland. Seine größten Coups waren aber andere: 2007 holte er die Olympischen Winterspiele 2014 nach Sotschi an die russische Schwarzmeerküste. 2010 gelang ihm ein Abkommen über einen Formel-1-Grand-Prix – ab 2014 ebenfalls in Sotschi. Und im selben Jahr fiel die Entscheidung zugunsten Russlands über die Austragung der Fußball-WM im Jahr 2018.

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Dankbarkeit zeigen bei solchen Dingen aber nicht nur Putin und seine Oligarchen. Auch große Betriebe zeigen plötzlich großes Herz. Es ist bekannt, dass Deutschlands Fußball-Ikone Franz Beckenbauer auch für Russland gestimmt hat. Mit einigem zeitlichem Abstand wurde Kaiser Franz vom russischen Gasriesen Gazprom (Sponsor von Schalke und Zenit St. Petersburg) zu seinem „Sportbotschafter“ ernannt.

Insgesamt sollen 60 Milliarden Euro in die Großveranstaltungen investiert werden. Für die Fußball-WM sind zehn Milliarden veranschlagt. Allein dafür müssen 13 der geplanten 16 Stadien neu errichtet oder komplett umgebaut werden. 50 Milliarden waren es für die Olympischen Winterspiele.

Korruptionsverdacht

Und dabei gibt es schon den ersten Verdacht, dass massenhaft Geld verschwunden sein soll. Der ehemalige Vize-Regierungschef und liberale Langzeitoppositionelle Boris Nemzow stammt aus Sotschi. Er legte im Juni dieses Jahres einen Bericht vor: Korrupte Praktiken hätten die Kosten für die Winterspiele vervierfacht. Von den geschätzten 50 Milliarden Dollar Gesamtkosten seien 25 bis 30 Milliarden in dunkle Kanäle geflossen. „Geschäftsleute und Politiker haben unrechtmäßig von den Spielen profitiert“, heißt es im Bericht.

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Nicht erst seit Nemzovs Bericht ist bekannt, dass auch in Sotschi jene besonders gern und oft zum Zug kamen, die mit Putin entweder in der berüchtigten Datschen-Kooperative bei St. Petersburg wohnten oder im Judo-Klub trainierten. So baut Putins Datschennachbar Jakunin als Chef der Russischen Eisenbahnen die Auto- und Bahntrasse vom Badeort Sotschi hinauf zu den 70 Kilometer entfernten Liftanlagen. Die Kosten haben sich auf 8,8 Milliarden Dollar verdreifacht.

Milliardengräber

Rund acht Milliarden Dollar war auch das Auftragsvolumen für die Brüder Rotenberg. Arkadi ist Judo-Sparringpartner von Putin. Der hatte Oleg Deripaska (hält Anteile an der Strabag) bei einem Straßenprojekt ausgestochen, indem er nicht billiger, sondern teurer war.

Putin hatte im April im TV erklärt, dass die Olympiavorbereitungen den Staat nur 7,7 Milliarden Dollar kosten, der Rest würde von privaten Investoren bezahlt. Er vergaß dabei, die Investitionen in Tourismus und Infrastruktur zu erwähnen. 10,6 Milliarden fließen allein in die Renovierung der Transsibirischen Eisenbahn, in eine neue Hochgeschwindigkeitsstraße von Moskau in die rund 800 Kilometer entfernte Millionenstadt Kasan und in einen neuen gigantischen Autobahnring um die Hauptstadt.

Wie lange schaut die USA noch zu, wie Russland im Duell der Großmächte vorlegt? Im Weltsport bahnt sich schon ein Duell der beiden Sport-Giganten um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2024 an.