Sport

RTL-Geduldsspiel mit zwei Siegerinnen

Es ist schon kurios: Sollte Anna Fenninger am Dienstag den olympischen Riesenslalom gewinnen, würde sie in die Fußstapfen exakt keiner Österreicherin treten. Der "Gigant", wie ihn die Russen nennen, er hat noch keine Gigantin in Rot-Weiß-Rot hervorgebracht.

Anna Fenninger, 24, die bereits den "Super Gigant" für sich entschieden hat, sieht sich selbst trotz Goldes nicht gerade bestens gerüstet. Es ist Dienstagvormittag in Rosa Chutor, und der Hochnebel wabert nicht, er hängt einfach nur über dem Zielstadion, er hängt davor, und er hängt dahinter. Ein paar Arbeiter arbeiten, ein paar Volunteers stehen herum, ein paar Alpine versuchen zu trainieren. Philipp Schörghofer wird später sagen: "Bei so einem Gatsch gehst normal nicht auf die Piste."

Blindflug

Die Österreicherinnen würden gern eine Qualifikation fahren, um aus dem Trio Elisabeth Görgl, Nicole Hosp und Michaela Kirchgasser jene zwei Damen herauszufinden, die die vermeintlich besten Aussichten haben, neben den Fixnominierten Anna Fenninger und Kathrin Zettel um Medaillen zu fahren. Doch der Nebel zwingt zum Warten. Eigentlich hätte das Rennen vor dem Rennen um halb elf gestartet werden sollen, doch ohne Sicht keine Quali, so einfach ist das.

Es wird elf, es wird halb zwölf, es wird zwölf und halb eins und eins und halb zwei, die Damen hängen in der Warteschleife. "Bescheiden" sei ihr Training am Morgen gewesen, sagt Anna Fenninger, ein Lauf einfahren, der zweite eher ein Rutschen mangels Sicht. Es ist wie verhext mit dem "Giganten" in diesem Jahr 2014: Nur einer ist im Weltcupkalender gestanden, in Maribor, der wurde mangels Schnee nach Kranjska Gora verlegt, dort gab es dann so viel Schnee, dass es erst wieder kein Rennen gab, Anna Fenningers letzter Riesenslalom war am 28. Dezember in Lienz – den hat sie gewonnen.

Rhythmussuche

"Klar, wir sind immer wieder einmal Riesenslalom gefahren, aber da kommt man halt nicht in den Rennrhythmus." Vorteil für die Spezialistinnen, denn die haben den einen oder anderen Einsatz im Europacup gehabt, während Anna Fenninger unter anderem mit dem Speed-Weltcup im Schneetreiben von Cortina d’Ampezzo gesessen ist.

Nach einem "Sonntag zum Erholen" von Super-G-Sieg und dem folgenden Marathon zwischen Mikrofonen, Zeremonien und Feiern richtet sie den Blick nach vorn: "Eine gute Spannung aufbauen, das ist wichtig", sich einstellen auf die schwierigen Verhältnisse im russischen Frühling. "Wenn der Schnee gesalzen wird, das kann mir liegen." Salz entzieht dem Schnee Wasser, so wird die Unterlage härter, wie zur Bestätigung fahren zwei Pistenarbeiter vorbei zum Sessellift neben dem Zielstadion, einer hat ... einen Sack Streusalz auf der Schulter.

Kathrin Zettel kommt, auch die Niederösterreicherin hat aufgegeben. Immerhin, sie hat ihren Fixplatz für den Slalom am Freitag, und, immerhin, sie hat die Zeit vor ihrer Anreise am Donnerstag nutzen können: "Wir haben auf der Reiteralm gut trainiert", sagt die 27-Jährige, "und wir haben einiges an Material testen können. Wir haben etwas an den Schuhen gefunden, ich stehe jetzt besser über dem Ski."

Rätselraten

Der Rücken hat der Göstlingerin Kummer bereitet, die Auszeit hat gutgetan, dem Rücken – und Zettels Kopf. "Ich hatte im letzten Sommer die beste Vorbereitung seit Langem, und doch läuft diese Saison bis jetzt ganz und gar nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe." Ein zweiter Platz im ersten Bewerb in Sölden, das war’s. Die Erinnerungen an die Winterspiele 2006 (Siebente im Riesenslalom) und 2010 (Fünfte) sind "nicht die positivsten", der Frühjahrsschnee behagt der erklärten Eis-Liebhaberin ebenso wenig. Immerhin: "Vancouver ist vier Jahre her, ich habe jetzt eine andere Herangehensweise. Und Druck hab’ ich auch keinen."

Der fiel am Nachmittag auch von Nicole Hosp ab. Die Qualifikation wurde um kurz vor zwei abgesagt, das Trainerteam entschied: Elisabeth Görgl und Michaela Kirchgasser werden am Dienstag starten. Die Entscheidung fiel nicht allzu schwer. Denn Hosp, die zweifache Medaillengewinnerin von Sotschi und Riesenslalom-Weltmeisterin von 2007, hat im Dezember 2012 in Åre ihren letzten Giganten bestritten.

Wie zum Hohn kommt eine Stunde später die Sonne heraus. Doch es ist zu spät.

Um 6.30 und 10 Uhr MEZ (live ORFeins) geht es am Dienstag für die Damen um die vorletzten Alpin-Medaillen. Kurssetzer sind Christian Thoma (Sd) und Livio Magoni (It).

Anna Fenninger (Startnummer 5) Die 24-Jährige hat die letzten vier ÖSV-Weltcupsiege geholt, zuletzt am 28. Dezember in Lienz.

Elisabeth Görgl (18) Die 32-jährige Steirerin gewann im Jänner und März 2008 zwei Weltcups. Sie holte zudem 2010 Olympia-Bronze.

Michaela Kirchgasser (22) Die 28-jährige Salzburgerin hat bislang einen Weltcup-Riesenslalom gewonnen: 2007 in der Sierra Nevada.

Kathrin Zettel (3) Die 27-Jährige hat bis dato sieben Weltcupsiege im Riesenslalom gefeiert – den letzten allerdings schon am 16. Jänner 2010.

Vancouver 2010: 1. Viktoria Rebensburg (D), 2. Tina Maze (Slo), 3. Elisabeth Görgl, 5. Kathrin Zettel, 7. Eva-Maria Brem, 15. Michaela Kirchgasser (alle Ö).

2010 Viktoria Rebensburg (D)

2006 Julia Mancuso (USA)

2002 Janica Kostelic (Kro)

1998 Deborah Compagnoni (It)

1994 Deborah Compagnoni

1992 Pernilla Wiberg (Sd)

1988 Vreni Schneider (CH)

1984 Debbie Armstrong (USA)

1980 Hanni Wenzel (Lie)

1976 Kathy Kreiner (Kan)

1972 Marie Theres Nadig (CH)

1968 Nancy Greene (Kan)

1964 Marielle Goitschel (F)

1960 Yvonne Rüegg (CH)

1956 Ossi Reichert (D)

1952 A. Mead-Lawrence (USA)