Sport

Brüder-Duo auf Medaillenjagd

Am Sonntag beginnt in Amsterdam die Ruder-WM. Die Brüder Bernhard (24) und Paul Sieber (21) zählen zu Österreichs größten Hoffnungen. Nicht nur auf eine Medaille in den Niederlanden, sondern auch auf ein Ende der Olympia-Durststrecke. 2008 und 2012 war kein rot-weiß-rotes Boot in der Traditionssportart am Start.

KURIER: Beachvolleyballer gelten als cool, Snowboarder auch, Ruderer traditionell eher nicht. Woran liegt das?

Paul Sieber: Rudern ist eine ganz andere Sportart, wo auch viel Tradition dahintersteckt. Das wird oft mit altbacken verwechselt. Aber wenn man sich die Sieger anschaut, sind da schon auch super Typen dabei.

Rudern ist ein vergleichsweise monotoner Sport. Geht einem die ständige Wiederholung irgendwann auf die Nerven?

Paul: Nein, im Gegenteil. Der Ruderschlag ist eine dermaßen komplexe Bewegung, dass du die nicht in ein zwei Stunden lernst. Das Faszinierende ist, dass du immer noch neue Dinge herausfinden und die Grenzen immer weitertreiben kannst. Ich finde, Rudern ist eine einfach-komplexe Sportart: Es schaut kinderleicht aus, ästhetisch und wenn du dich dann selber hineinsetzt, weißt du wie viel Arbeit dahintersteckt.

Bernhard: Es gibt keinen anderen Sport, wo der Weg zum Teamerfolg über die Selbstaufgabe führt. Sonst gilt meist: Je besser das Individuum, desto besser das Team.

Wie ist es, mit dem Bruder in einem Boot zu sitzen? Hilft es, dass ihr euch so gut kennt?

Paul: Ich sehe es weder als Vor- noch als Nachteil. Man versteht genau, wie der andere tickt. Andererseits kann es auch ein Nachteil sein, weil sich die Rollen schon viel länger aufgebaut haben.

Wie entscheidet man, wer der Schlagmann ist?

Bernhard: Das war relativ schnell klar, eben wegen der Rollenverteilung. Du brauchst jemanden am Schlag, der seinen Willen durchsetzt, wurscht was ist. Ich bin so jemand.

Paul: Und hinten brauchst du jemanden, der sagt: Ok, ich lass ihn stur sein und ich mache halt mit. Jemanden, der sich unterordnen will und auch kann.

Wie wichtig ist mentale Stärke im Rudersport?

Bernhard: Entscheidend. In unserem Bereich haben alle ungefähr 70 Kilo, im Prinzip ist jeder gleich stark. Auch die Boote sind alle gleich. Es geht darum Technik und Physis so weit auszureizen, dass ich mindestens gleich gut bin wie die anderen, damit ich mich dann mit dem Kopf durchsetzen kann.

Als Ruderer steht man nicht unter Dauerbeobachtung. Macht das auch den Charme aus?

Paul: Es ist definitiv ein Punkt, der den Rudersport zu dem macht, was er ist. Ich habe damit mit zehn Jahren angefangen und keinen einzigen Moment daran gedacht, dass ich jemals einen Cent dafür sehe. Und plötzlich gibt mir jemand Geld dafür, dass ich das mache, was ich sowieso mache. Ich mein, wie geil ist das denn?

Was Olympia-Medaillen betrifft seid ihr quasi familiär vorbelastet (Anm.: Onkel Christoph Sieber ist Surf-Olympiasieger, Bernhards Freundin Julia Dujmovits holte in Sotschi Gold im Parallel-Snowboarden). Motiviert das zusätzlich?

Bernhard: Klar, das motiviert total, weil ich aus nächster Nähe weiß, wie es sich anfühlt. Es muss für jeden Sportler der Traum sein, so etwas auch nur ansatzweise zu schaffen. Aber ich höre auch ständig, genieß den Weg bis dorthin, weil wenn du es geschafft hast, ist es aus. Das ist das, was die Julia erzählt.

Wie präsent ist das Thema Doping im Rudersport noch?

Bernhard: Nicht sehr, glaube ich. Ich kann es mir nicht vorstellen, bei dem Geld, das zu holen ist. Der Werbewert, den du zurzeit übers Rudern generieren kannst, ist nicht so hoch, dass du dir Doping auf dem Niveau leisten kannst. Auch nicht, wenn du Weltmeister wirst. Aber natürlich braucht man die Geschichten nicht beschönigen, die es gegeben hat. Das ist ungut.

Paul: Gerade in unserer Bootsklasse kann ich es mir nicht vorstellen. Ich weiß, was wir nicht machen und wir sind nicht so weit weg von der Spitze.

Mehr als 1100 Athleten aus 60 Nationen werden ab Sonntag bei der Ruder-WM in Amsterdam um Titel kämpfen. Auch 15 Österreicher in sieben Booten sind mit am Start. Darunter die Kärntnerin Magdalena Lobnig (24), die zuletzt eindrucksvoll bewies, dass sie in der Weltspitze angekommen ist.

Bei der EM in Belgrad verpasste Lobnig im Einer trotz Krankheitspause in der Vorbereitung, nur knapp eine Medaille (4.). Bei den Weltcups in Aiguebelette (F) und Luzern (CH) wurde die Völkermarkterin Dritte. Eine Muskelverhärtung machte Lobnig zuletzt zu schaffen, "es wird aber langsam besser", sagte sie vor der Abreise nach Amsterdam. Für die WM hat sich die Vierte des Vorjahres einiges vorgenommen: "Das erste Ziel bleibt das Erreichen des Finales. Im Endlauf werden die Karten ohnehin noch einmal neu gemischt", sagt die Ruderin, die im Sommer gemeinsam mit der Weltcup-Gesamtsiegerin Emma Twigg (Nsl) trainierte. Bei den Frauen sind für Österreich noch ein leichter und ein schwerer Doppelzweier im Einsatz. Titelverteidigerin Michaela Taupe-Traer verzichtet auf ein Antreten im nichtolympischen leichten Einer, sie konzentriere sich auf ihre berufliche Zukunft. Bei den Männern gehen in den Niederlanden drei Zweier und ein Vierer ins Rennen.

Zwei Jahre vor Olympia in Rio ist Verbandspräsident Horst Nussbaumer davon überzeugt, dass Österreichs Ruderer erstmals seit 2004 wieder vertreten sein werden. Drei olympische Boote seien "sehr realistisch".