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Andreas Berger: „Nur das Rauchen werf ich mir vor“

Vor 30 Jahren hat ein Oberösterreicher unter 6500 Landsleuten im Linzer Stadion rasend g’schwind einen Sturm der Begeisterung ausgelöst. Die Rede ist von keinem LASK-Fußballer, sondern von einem Athleten, der nicht nur schneller als alle Spieler der Kickerwelt gewesen ist.

15. August 1988, 100-Meter-Lauf, Siegerzeit 10,15. Noch immer scheint damit der mittlerweile 57-jährige Andreas Berger in der Rekordliste des Österreichischen Leichtathletik-Verbandes als die Nummer 1 auf. Noch in der Vorwoche hätte Bergers einstige Zeit zur souveränen Finalqualifikation bei der EM in Berlin gereicht.

Allein diese Feststellung wird die gegenwärtige Läufer- und Trainergeneration, allen voran Ausdauer-Coach Wilhelm Lilge, als unfair empfinden. Ginge es nach dem streitbaren Querdenker, dann müssten sogar die Resultate aus dem letzten Jahrhundert, einschließlich jener von Liese Prokop und Erfolgskolleginnen, aus den Ehrenlisten gestrichen werden; dann dürfte Berger wegen der Einnahme unerlaubter Mittel in keiner Zeile positiv erwähnt werden.

Tatsache ist, dass Berger und seine drei Staffelpartner Franz Ratzenberger, Gernot Kellermayr und Thomas Renner vor der Stuttgarter WM 1993 den Dopingjägern in die Falle geraten waren. Tatsache ist aber auch, dass Berger gegen seine vierjährige Sperre erfolgreich prozessierte. Obwohl er offen zugab, Anabolika zum Muskelaufbau geschluckt zu haben.

Schon 1987 hatte Berger Skepsis ausgelöst, als für den eher unscheinbaren Gmundner im Feld der Sprint-Hünen bei der WM in Rom bessere Startzeiten registriert worden waren als für Weltmeister Ben Johnson.

Johnson wurde sein Olympiasieg 1988 in Seoul aberkannt. Die ganze Konkurrenz, einschließlich jener später selbst entlarvten Damen und Herren, fiel damals verbal über Johnson her. Nur Berger nahm am kollektiven Wettheucheln nie teil. Vielmehr steuerte Berger 2006 deftige Worte zur Doping-Zitatesammlung bei:

„Es heißt, dass 99 Prozent sauber sind und nur ein Prozent dopt. Ich behaupte: Es ist genau umgekehrt.“

Und heute?

Heute seien natürlich allle sauber, sagt er mit eindeutig zweideutigem Unterton.

Heute ist Berger 35 Jahre lang verheiratet, „mit derselben Frau, mit der ich seit 42 Jahren zusammen bin“. Und die nach dem plötzlichen Tod von US-Supersprinterin Florence Griffith-Joyner zu ihm meinte: „Sei froh, dass sie dich erwischt haben.“

Heute ist Andreas Berger ein gesunder, stolzer Vater zweier erwachsener Kinder.

Heute hat (der mit 1,73 Metern wie Marcel Hirscher gleich kleine) Berger nicht 84, sondern 78 Kilo.

Heute bereut er nur, dass er erst vor 14 Jahren mit den Rauchen aufgehört hat.

„Aber das ist auch der einzige Vorwurf, den ich mir mache.“

Selbst am Höhepunkt seiner Karriere hatte sich Berger sogar an Wettkampftagen die eine oder andere Zigarette angezündet. Vielleicht war ihm auch deswegen jeder Bewerb jenseits der 200-Meter-Distanz zuwider.

Wenn dem Stehaufmann vom Traunsee zuweilen doch einmal der Kopf raucht, dann nur, weil er als Chef einer Event-Agentur für viele Hobby-Sportler viel zu organisieren hat. So ist das vom Sprintrekordler erfundene „ Red Bull 400“ zu einem Renner für Hobbyläufer geworden. Auf weltweit 17 Schauplätzen („Der westlichste ist Whistler Mountain in Kanada, der östlichste Sapporo in Japan“) laufen insgesamt Zigtausende an einer Skisprungschanze 400 Meter so schnell wie möglich nach oben.

Für die nächste Bergauf-Prüfung am 25. August in Bischofshofen haben 1900 Frauen und Männer aus 40 Nationen genannt.

Elferrekord

Auch einen Elfmeter-Fußball-Teambewerb (mit einem Tormann und jeweils fünf Schützen) will der ehemalige Gmundner Reservekicker zu einem Kultbewerb machen, nachdem die Premiere großen Anklang gefunden hat. Als ersten Schauplatz suchte sich Berger fürs Elferschießen die Linzer Gugl aus. Jenen Ort, wo er 1988 erstmals die für andere Österreicher bis heute unerreichbar gebliebene 100-Meter-Bestzeit gelaufen war.