Sport

American Football, der umstrittene Volkssport

Donald Trump trauert "diesen großartigen Tackles, diesen brutalen mit dem Kopf voran" nach. Der Milliardär und Präsidentschaftskandidat gibt sich als amerikanischster Amerikaner. Für ihn ist American Football ein nationales Heiligtum, geht es doch um Furchtlosigkeit und Raumeroberung. Und weil die ärgsten Fouls jetzt härter bestraft werden, sagte er: "Football ist so weich geworden wie unser Land."

2000 Zuhörer in Reno applaudierten.

Aber was haben diese Tackles aus manchen Profis gemacht? Dieses brutale Kopf-an-Kopf-Rennen?

Mike Webster lag 2002 auf einem Obduktionstisch. Er hatte 16 Jahre lang Football gespielt und war mit nur 50 Jahren gestorben. Webster versuchte sich nach der Karriere als Verkäufer. Allerdings musste er dies nach kurzer Zeit aufgeben, da er unter dem Post-concussion-Syndrom litt – mit Sprachstörungen, dem teilweisen Verlust des Gehörs, mit andauerndem Kopf- und Handzittern, mit Konzentrationsstörungen und zeitweisem Gedächtnisverlust. Nachdem 1999 seine Erkrankung durch Gutachten auf seine Zeit als Footballer zurückgeführt werden konnte, verklagte er die NFL auf Pensionszahlungen.

Kranke Gehirne

Der Prozess wurde 2005 abgeschlossen. Der Gerichtsmediziner Bennet Omalu fand 2002 bei der Obduktion heraus, dass Websters Gehirn geschädigt war. Er entdeckte die degenerative Nervenkrankheit CTE (Chronisch-traumatische Enzephalopathie). Die neurale Degeneration ist die Folge kleiner, traumatisch bedingter Blutungen. CTE kann bislang noch immer nicht eindeutig klinisch diagnostiziert werden, sondern erst post mortem durch histologische Aufarbeitung des Gehirns.

Omalu wird von Will Smith gespielt – im Film "Erschütternde Wahrheit" über CTE und den Kampf des Arztes gegen die NFL, die reichste und mächtigste Sportorganisation in den USA. Am Ende gewinnt der Arzt, die NFL räumt ein, dass Gehirnerschütterungen zu langfristigen Problemen führen können. Allerdings kommt die NFL im Film mit einem blauen Auge davon. Die Enthüllungsplattform WikiLeaks veröffentlichte 2014 den eMail-Verkehr zwischen Anwälten, Marketingmenschen und der Produktionsfirma Sony, dass im Drehbuch geändert und gestrichen wurde – wegen "für die NFL wenig schmeichelhafter Momente". Und man habe dem Skript "den größten Biss" genommen. So kam ein rührseliger Film heraus, US-Kino über eine amerikanische Sportart.

Mindestens 69 Fälle von CTE sind zwischen den Jahren 2000 und 2015 in der Literatur berichtet worden. Sehr häufig ist das Syndrom bei lange aktiven Boxern und eben bei Football-Spielern. Bei 34 Football-Spielern, deren Gehirn nach ihrem Tod histologisch untersucht wurde, korrelierte der Ausprägungsgrad der CTE mit der Dauer der Sportausübung, der Zeit nach Beendigung der Sportkarriere und dem Todesalter.

Am 13. Jänner 2016 beging Lawrence Phillips in seiner Gefängniszelle Selbstmord. Der ehemalige Runningback war durch etliche Gewalttaten straffällig geworden. Seine Familie stellte Phillips Gehirn später dem CTE-Center der Boston University für Untersuchungen auf CTE zur Verfügung.