Lernen geht mit MANGEL leichter
Von Jürgen Zahrl
Keine Frage: Gute Noten will jeder. Aber meistens sieht man den Aufwand mit den Schulbüchern als lästige Pflicht. Je älter man wird, umso leichter lässt man sich – vom Anruf des besten Freundes oder dem neuen Computerspiel – ablenken.
"Lernen ist ein fragiler Prozess. Man kann jederzeit scheitern", weiß Monika Kil, Vize-Rektorin für Lehre und Wissenschaftliche Weiterbildung an der Donau-Uni in Krems: "In der Volksschule ist die Lernmotivation noch hoch, danach nimmt sie aber ständig ab." Um trotzdem erfolgreich zu sein, muss man "M A N G E L" fördern.
Damit ist ein Akronym gemeint, das für die Anfangsbuchstaben von Mut, Alternative, Nutzen, Genuss, Erfolg und Lob steht. Je mehr es an den sechs Faktoren mangelt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Motivation für das Lernen verloren geht, so Kil. Ihrer Ansicht nach kann zum Beispiel Mut fehlen, wenn wegen negativer Vorerfahrung Misserfolg erwartet oder von Lehrern angekündigt wird: Mut machen, mehrere Wege zum Ziel gehen, soziale Kontakte als Zusatznutzen, sich nach Zwischenetappen belohnen, erreichbare Ziele sowie Anerkennung und Unterstützung von Vorbildern seien wesentliche Punkte, um den Ansporn zu steigern.
Selbstverantwortung
Trotzdem muss der Lernende unbedingt Selbstverantwortung übernehmen. Denn "je fremdbestimmter das Lernen ist, umso weniger Lust haben wir darauf", sagt Kil.
"Visible Learning" – also sichtbarer Lernprozess – heißt das Zauberwort. Geht es nach der gleichnamigen Studie von John Hattie, Bildungsforscher und Professor an der australischen "University of Melbourne", ist die Selbsteinschätzung des eigenen Lernniveaus der stärkste Faktor. Liegt sie niedriger als das tatsächliche Können des Schülers, bremst sie dadurch seine eigenen Möglichkeiten.
Deswegen wünscht sich Hattie eine Unterrichtsgestaltung "mit den Augen der Lernenden": Lehrer sollen das Lernen ihrer Schüler steuern und ihnen anspruchsvolle Ziele setzen. Sie müssen wissen, wo jeder Schüler steht, was das Lernziel ist und wie es zu erreichen ist. Wenn Schüler etwas nicht verstehen, müssen Lehrer, so die Studie, ihnen alternative Lernwege anbieten können, damit das Interesse am Lernstoff erhalten bleibt.
Praktische Tipps
Mit ein paar Kniffen lassen sich die Weichen für künftige Erfolge sofort neu stellen. Ratsam ist ein frühzeitiger Lernplan, um Überblick über den Stoff und Verbindlichkeit zu schaffen. "Mindmaps" dienen als Stütze beim Wiederholen: Dabei soll man Gedanken und Assoziationen zu einem Thema bildlich auf einem Papier festhalten; nach einer Stunde, einem Tag, einer Woche und später gehört das Gelernte in Selbstgesprächen, von anderen abgehört oder mit Zusammenfassungen aufgefrischt. Lässt die Konzentration nach, sind Pausen wichtig. Ein ruhiger Platz verbessert die Ausgangslage. Zu beachten ist, dass beim Lernen 15 Prozent mehr Frischluft nötig ist.
Formel: M A N G E L
Mut » Mut machen
Alternative » mehrere Wege zum Ziel
Nutzen » Zusatznutzen anbieten
Genuss » Belohnung
Erfolg » Herausforderung
Lob » Aufmerksamkeit
Schon die Kleinsten lernen spielerisch den Umgang mit Technik. Die einen meinen, dass Tablets ein besseres Lernen möglich machen. Die anderen behaupten, dass zu viel Medienkonsum die Entwicklung des Kindes gefährdet. Auch Vize-Rektorin Monika Kil meint, dass der Computerspiel- und Fernsehkonsum insbesondere für die unter Dreijährigen schädlich sei.
„Wenn Kinder in der Natur mit Kiesel und Wasser spielen, Zeit und Raum für Beobachtungen nutzen können, dann lernen sie die Fähigkeit, mehrdimensional zu denken und zu experimentieren“, sagt Vizerektorin Monika Kil. Auch Vorlesen sei besser, als Medien abzuspielen, um Sprachentwicklung zu fördern, sagt sie.
Schon Leonardo Da Vinci habe zwar mithilfe seiner angeborenen Begabung Meisterleistungen erbracht; aber seine intensiven Naturbeobachtungen in der Kindheit hätten für enorme künstlerische Lebensleistungen einen Ausschlag gegeben.