Politik

Vor Merkel-Besuch: "Starke Achse Wien-Berlin"

Kanzler und Vizekanzler betonen stets das gute Verhältnis zu Kanzlerin Angela Merkel. Als Faymann im Sommer im KURIER-Interview betonte, dass die Eurozone zu einer gemeinsamen Schuldenbewirtschaftung finden müsse und das auch noch Frau Merkel verstehen werde, war die Kanzlerin verschnupft, hörte man aus Berlin.

KURIER: Herr Bundeskanzler, wir hören aus Berlin, dass Frau Merkel über Ihr KURIER-Interview unglücklich war, wo Sie für eine Banklizenz für den ESM waren.

Faymann: Bei unseren guten Beziehungen zu Deutschland kann man schon einmal unterschiedlicher Meinung sein. So wie bei Anleihen von Ländern mit hohen Zinsen, die die EZB kaufen wird. Dabei ist mir wichtig, dass das nur unter sehr strengen Auflagen möglich sein soll.

Wir haben doch dieselben Interessen wie die Deutschen, wir zahlen geringe Anleihezinsen und haften andererseits für Südstaaten.

Faymann: Unser gemeinsames Interesse liegt darin, den Euro nachhaltig abzusichern. Wir sind beide Exportnationen.

Aber die ÖVP ist auch gegen eine Banklizenz für den ESM und gegen gemeinsame Schulden. Sollte die Regierung nicht einig auftreten?

Faymann: Die ÖVP hat sich dazu noch nicht geäußert, wie mittel- und langfristig die enorme Belastung der Staatshaushalte in Südeuropa angesichts hoher Zinsen bewältigt werden soll. Ich bin dafür, dass wir da etwas vorausdenken. Außerdem betone ich, dass wir im Rat der Regierungschefs und bei den Finanzministern immer geschlossen aufgetreten sind.

Was erwarten Sie vom Merkel-Besuch?

Faymann: Vertrauensvolle Gespräche, die zur Stabilisierung des Euro beitragen.

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Aus ÖVP-Sicht befürwortet Vizekanzler Außenminister Michael Spindelegger eine "starke Achse" WienBerlin:

Soll sich Österreich in der Europa-Politik nicht doch wieder enger mit Deutschland abstimmen?

Spindelegger: Österreich ist in der Euro-Politik sehr eng mit Deutschland abgestimmt. Wir stehen traditionell auf derselben Seite, wenn es um währungspolitische Fragen, um Schuldenreduktion und um die Notwendigkeit einer nachhaltigen gesunden Haushaltspolitik geht. Das ist eine starke Achse, die uns nützt. Es wäre daher kontraproduktiv, hier leichtsinnig Sand ins Getriebe zu bringen.

Ist es richtig, wenn Nationalbank-Gouverneur Nowotny auf EZB-Ebene für den Kurs Draghis stimmt und gegen den Kurs des deutschen Bundesbankchefs Weidmann?

Spindelegger: Die Europäische Zentralbank ist unabhängig, und das ist richtig so. Politiker tun daher gut daran, mediale Gerüchte über unterschiedliche Positionen in den EZB-Gremien nicht zu kommentieren.

Ist es gut, wenn die österreichische Regierung in der Europa-Politik unterschiedliche Signale aussendet?

Spindelegger: Es gibt eine klare Regierungslinie, dass es die vordringliche Aufgabe ist, die Staatshaushalte in den Euro-Staaten in Ordnung zu bringen. Erst wenn das sichergestellt ist und alle ihre Hausaufgaben erledigt haben, kann mittel- bis langfristig eine Vergemeinschaftung der Schulden auf EU-Ebene, etwa in Form von Eurobonds, angedacht werden. Am notwendigen Reform- und Konsolidierungskurs führt im Euro-Raum kein Weg vorbei. Die ÖVP als Europapartei tritt dafür ein, dass die Bundesregierung in diesen Grundsatzfragen weiterhin ihren klaren gemeinsamen Kurs verfolgt.

 

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