Politik

Transgene Kuh gegen Milchallergien

Zwei von 100 Babys in Industriestaaten reagieren allergisch auf bestimmte Eiweiße, die in Kuhmilch enthalten sind. In der Muttermilch fehlen diese Allergene. Neuseeländische Forscher haben einen – aufwendigen – Lösungsansatz gefunden und im Journal PNAS veröffentlicht: Gentechnisch veränderte Kühe, die von vornherein Milch ohne das Eiweiß Beta-Laktoglobulin liefern.

Die Forscher testeten ihr Prinzip zuerst an Mäusen. Nachdem sie dort Erfolg hatten, schleusten sie spezielle Erbgut-Fragmente in Rinderzellen ein. Diese Zellen produzierten in der Folge sogenannte "microRNAs", winzige Moleküle, die das Gen für Milcheiweiß blockieren. Anschließend erzeugten sie Embryos, die sie Kühen einsetzten – die gleiche Methode, mit der schon das Schaf Dolly geklont wurde. Eine von fünf Schwangerschaften war erfolgreich. Das weibliche Kalb gab tatsächlich Milch ohne Beta-Laktoglobulin (die Forscher hatten durch eine Hormonbehandlung dafür gesorgt, dass das Kalb schon mit sieben Monaten Milch gab).

Sind transgene Kühe also eine effektive Strategie zur Milchverbesserung oder unnötiger Zinnober? Die Allergologin Heidrun Hochwallner von der MedUni Wien beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wer ist von Kuhmilch­allergie betroffen?

Kuhmilchallergie ist einer der häufigsten auftretenden Lebensmittelallergien bei Kleinkindern. Sie betrifft 2–3 Prozent aller Säuglinge und Kleinkinder in Industrieländern. Die meisten Patienten leiden unter Symptomen, die mehr als ein Organ betreffen. Es treten Haut-, Magen-Darm- oder Atemwegsbeschwerden auf und im schlimmsten Fall ein lebensbedrohender anaphylaktischer Schock.

Löst die Studie die Probleme für die Milchallergiker?

Nein. Neben dem Beta-Laktoglobulin gibt es noch Caseine und andere Proteine, die auch allergische Symptome auslösen. Man kann die Studie aber als Modell nehmen: Wenn es bei diesem Protein funktioniert, könnte es auch bei den anderen Allergie-auslösenden Eiweißen funktionieren. Die Frage ist aber, wie sich die Konsistenz und der Geschmack von Milch ändern würde.

Gibt es Alternativen?

Babys mit Allergien bekommen hypoallergene Babynahrung. Diese wird aus Kuhmilch ohne Einsatz von Gentechnik hergestellt. Außerdem zeigt die Forschung, dass gewisse hypoallergene Babynahrungmittel einer allergischen Sensibilisierung vorbeugen.

Würde sich der Aufwand denn lohnen?

Kuhmilchallergie betrifft vor allem Kleinkinder, die diese meist bis zum 6. Lebensjahr auswachsen und nur wenige Erwachsene leiden darunter. Es ist fraglich, ob das den Aufwand rechtfertigt eine transgene Kuh herzustellen, da es bereits gut verträgliche hypoallergene Babynahrungsmittel gibt.

Die Gentechnik ist keine neue Erfindung

Transgen klingt gefährlich und das erklärt auch einen Teil der Aufmerksamkeit, den die Forschung über genetisch veränderte Organismen erfährt. Ist auch gut so, nur sollte man sich nichts vormachen, der Mensch greift seit Jahrtausenden in die Natur ein, um Pflanzen genetisch zu verbessern, auch wenn das damals nicht so bezeichnet wurde. Bauern haben ab der Sesshaftwerdung des Menschen solche Pflanzen ausgewählt, die im äußerlichen Erscheinungsbild wünschenswerte Eigenschaften zeigten, und sie weiter vermehrt. Kreuzen und Rückkreuzen hat dabei die genetische Zusammensetzung der Pflanzen so verändert, dass süße Äpfel oder riesige Maiskolben mit 5000 Körnern pro Ähre produziert werden konnten. Nur so war auch die Entwicklung vom "Steinzeit-Weizen" (Kultur-Emmer und Einkorn-Weizen) zum ertragreicheren Saat-Weizen möglich, oder auch die der modernen Banane, deren Vorfahren bis zu 100 Samen enthielten und bei der Reife hart und schwarz wurden.

Was beim Kreuzen und Rückkreuzen auf genetischer Ebene passiert, blieb lange im Verborgenen – bis der Augustinermönch Gregor Mendel im 19. Jahrhundert in Brünn mit seiner Vererbungslehre die Grundlage für die Genetik legte.

Seither wurde das Geheimnis der Gene immer mehr gelüftet. Der Vorteil: Früher mussten sich die Züchter auf die Beobachtung der äußerlichen Merkmale sowie ihre Erfahrung verlassen, ob die neue Pflanze die gewünschten Eigenschaften haben wird oder nicht. Bis eine neue Sorte entstand, vergingen Jahrzehnte.

Parallel zur Pflanzenzucht begann der Mensch die Tiere auszulesen, die zur Fortpflanzung bestimmt waren. 1996 erblickte das erste geklonte Säugetier der Welt, das Schaf Dolly, das Licht der Welt.